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„Was ist euer Urteil?" Sie antworteten und sprachen: „Er ist des Todes schuldig."

(Matthäus 26,66)



Mord verjährt in Deutschland nicht. Für alle anderen Straftaten tritt nach bestimmten Zeiten die Verjährung ein. Dann kann man von der Justiz nicht mehr dafür belangt werden. Eine moralische Schuld verjährt jedoch nie, sie bleibt im Gewissen des Täters bestehen und er muß sich im Leben vor sich selbst oder seinen Opfern verantworten. Mord hingegen verjährt nicht. Mord kann bis zum Ende des Lebens des Täters angeklagt werden.

Schuld zu sein am Tod eines Menschen ist auch ein besonders schlimmes Verbrechen und sollte für den Täter auch immer eine große Last im Gewissen bleiben. Für Mord kann es natürlich nach unseren christlichen Maßstäben auch Vergebung vor Gott geben. Aber trotz Vergebung, selbst durch die Angehörigen des Opfers, Vergessen gibt es nicht. Nun denke ich, daß unter den Lesern dieser Seite kein Mörder ist, aber dennoch dürfen wir uns diese Fragen in unserem Gewissen auch nicht allzu leicht machen. Ein Stück weit tragen wir doch alle Schuld am Tod eines Menschen. „Er ist des Todes schuldig.“ So hören wir im Evangelium den Hohenpriester über Jesus sprechen.

Man kann das natürlich abtun. Alles weit weg, das waren doch damals die Juden, die das sagten, das waren doch die Römer, die das Urteil vollstreckten! Ganz einfach, damit habe ich nichts zu tun. Ein fataler Irrtum! Wenn wir so denken und reden, verkennen wir die Tragweite unseres Tuns, verkennen wir unsere Schuld und reden die Lüge schön. Wir haben uns doch durch unseren Ungehorsam von Gott entfernt und sind den Verstrickungen der Sünde erlegen. Wir sind verantwortlich dafür, daß Christus an das Kreuz mußte und diesen qualvollen Tod erlitt. Daran kann man nichts schönreden. Golgatha ist Realität auch in unserem Leben.

Und nun? Wir kommen wir raus aus diesem Schlamassel? Der, dem wir das alles angetan haben, der holt uns selbst heraus aus diesem Dilemma unserer Schuld. Seine Liebe ist so unendlich größer als all unser Versagen. Und es ist die Frucht dieses unschuldigen Leidens und Todes, die uns Versöhnung bringt. Der Sohn trinkt im Gehorsam um unseretwillen den bitteren Kelch, den der Vater ihm reicht. Paul Gerhardt formuliert im Lied „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83; ELK 414) diesen Vater-Sohn-Dialog so anschaulich: »Geh hin, mein Kind, und nimm dich an / der Kinder, die ich ausgetan / zur Straf und Zornesruten; / die Straf ist schwer, der Zorn ist groß; / du kannst und sollst sie machen los / durch Sterben und durch Bluten.« Und Jesus, unser Erlöser antwortet willig: »Ja, Vater, ja von Herzensgrund,/ leg auf, ich will dir´s tragen. / Mein Wollen hängt an deinem Mund; / mein Wirken ist dein Sagen.«

Dieser Christus hat das für uns vollbracht, dieser Christus ist unser persönlicher Messias, wenn wir sein Opfer in Liebe annehmen. Er allein holt uns heraus aus dem Tal der Tränen und bringt uns ans Licht. Unsere Schuld ist nicht weg, sie ist nicht vergessen und auch nicht verjährt, aber sie ist vergeben und durch Christi Blut gesühnt und teuer erkauft. Nehmen wir das Geschenk gläubig an. Denken wir dabei aber auch an das Wort, das Jesus zur Ehebrecherin sprach: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ (Johannes 8, 11)

Prädikant Michael Sonntag, Wuppertal-Elberfeld



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