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Die Coronakrise als Zeichen Gottes

Ein neues Virus, Covid 19, verbreitet sich seit einigen Wochen von China über die ganze Welt. Der hochansteckende, gefährliche Erreger hat nicht nur Millionen Menschen erfaßt, sondern auch bereits tausende Tote gefordert. In vielen Ländern ist das öffentliche Leben zum Erliegen gekommen und die Wirtschaft eingebrochen. Während viele die Krankheit mit leichten Symptomen überstehen, kommt es besonders bei älteren Menschen und Vorerkrankten zu schweren Lungenentzündungen, die eine Intensivbeatmung erforderlich machen. Die Plätze und Geräte dafür sind jedoch begrenzt, so daß die Politiker einschneidende Maßnahmen getroffen haben. Seit dem 16.März 2020 sind in Deutschland auch Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen verboten. Die normale Verkündigung des Evangeliums und das kirchliche Leben sind unterbrochen. Die Karwoche und Ostern werden ohne Festgottesdienste und Abendmahlsfeiern bleiben. Ein Ende dieses seit dem 2.Weltkrieg einmaligen Ausnahmezustands ist nicht absehbar.

Während die Kirchen versuchen, die Menschen mit Glockenläuten, Fernseh-, Radio-, Internetgottesdiensten und Verteilschriften zu erreichen, hat unter den Theologen die Diskussion begonnen, was diese Pandemie mit Gott zu tun haben könnte? Das Spektrum der Erklärungsversuche ist breit: während die einen weiter von dem lieben Gott reden, der allen Menschen, besonders den Betroffenen, helfe, und die Mutation des Coronavirus entweder im Rahmen der Evolutionstheorie wissenschaftsgläubig dem Zufall zuschreiben oder dualistisch als Geißel des Teufels auffassen (Hi 2,7; Joh 8,44; 1.Petr 5,8; Offb 12,12), sehen andere in der Coronakrise eine Strafe Gottes für die Sünden der Welt oder gar apokalyptisch den Beginn des Weltuntergangs (Lk 21,11; Offb 6,8). Für jede dieser Meinungen lassen sich auch Bibelstellen finden. Umgekehrt weisen die Gottlosen darauf hin, daß sich das Covid-19-Virus bei religiösen Zusammenkünften besonders wirksam ausgebreitet habe, etwa bei der apokalyptischen Sekte „Shincheonij Church of Jesus“ in Südkorea, der Fasten- und Gebetswoche der Freikirche „La porte ouverte chrétienne“ in Mulhouse/Elsaß, am Schrein der Fatimah Masumah in der iranischen heiligen Stadt Ghom, bei einer internationalen muslimischen Massenveranstaltung in Malaysia und in den Hochschulen der ultraorthodoxen Juden in Israel (FAZ 2.4.20).

Für lutherische Theologie gehören solche Plagen in den Bereich des Welthandelns des verborgenen Gottes. Jedes Lebewesen, auch das neue Coronavirus, ist ein Geschöpf Gottes, das er zu seinen Zielen gebraucht. Hinter dem winzigkleinen Virus, das die ganze Welt in Atem hält, erscheint die Majestät des großen, heiligen Gottes. Da nun der hochansteckende Erreger alle Menschen, Gläubige wie Ungläubige, gleichermaßen trifft, kann er nicht einseitig als Strafe Gottes für bestimmte Sünden interpretiert werden. Wohl aber muß die Pandemie in der christlichen Verkündigung mit dem allmächtigen Gott zusammengebracht werden. Es gibt kein „Unglück, das der HERR nicht tut.“ (Am 3,6) „Ich bin der HERR, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden geben und schaffe Unheil.“ (Jes 45,6f.) In der Bibel sind Pest, Seuchen und andere tödliche Epidemien immer Zeichen von Gottes Zorn über die Sünde seines Volkes und der Welt, die den Einzelnen zur Besinnung, Umkehr und Buße bringen sollen, damit er Gottes Gnade suche und finde (2.Mose 9,8ff.; 3.Mose 26,25; 5.Mose 28,21f.58ff.; 2.Sam 24,13; Jer 21,8ff.; 29,17ff.; Hes 5,12ff.; 6,11ff.; 14,19ff.; Am 4,10; Hab 3,5). Die Selbstherrlichkeit und Selbstsicherheit der die Vernunft absolut setzenden, säkular orientierten, wirtschaftlich erfolgreichen Gesellschaften soll erschüttert werden, wie der rheinische reformierte Theologe Dr. Hartmut Becks richtig schreibt. Wer sich aber im Gebet zu Gott hält und an seine in Jesus Christus offenbare Barmherzigkeit glaubt, kann vor Krankheit und Seuchen bewahrt bleiben oder von ihnen gerettet werden (1.Kö 8,37ff.; 2.Chr 7,13ff; Ps 91; Joh 5,14). Deshalb wäre ein entsprechender Ruf zur Umkehr und öffentliche Buß- und Betgottesdienste wie in vergangenen Notzeiten das heute gebotene Handeln der Kirche. Von den Kirchenleitungen der EKD, die zur Gesundheitsprävention bereitwilig die Gottesdienste einstellten, ist in dieser Richtung bisher leider wenig zu hören.

Dabei sollten die biblisch orientierten Theologen jedoch im Sinne der Reformation den evangelischen Charakter der Rufes Jesu herausstellen: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!“ (Mt 4,17) Der HERR ist es, der „schlägt und heilt“, „tötet und lebendig macht“ (1.Sam 2,6; Jes 19,22; Hos 6,1f.). Deshalb sollen wir Gott „über alle Dinge fürchten und lieben.“ (M.Luther, Kl.Katechismus) Wo seine verborgene Macht und sein Zorn sich offenbart, ist er zu fürchten; wo seine Gnade und Barmherzigkeit offenbar wird, ist er zu lieben. Im Kreuz Jesu Christi, seines Mensch gewordenen Sohnes, kommt beides zusammen. Er hat unsere Krankheit, Sünde und Strafe getragen, uns mit Gott versöhnt und Tod und Teufel überwunden (Jes 53,4ff.; Mt 12,15ff.; Joh 1,29; Röm 3,25ff.; 2.Kor 5,18ff.; 2.Tim 1,10; 1.Joh 3,8; Offb 1,18). In ihm, unserem auferstandenen Herrn, ist Gottes Heil, Gnade, Leben und Segen reichlich zu finden. Wer an ihn glaubt, wird gerettet werden (Röm 10,9ff.). Gottes Volk lobt den HERRN, der „Zeichen und Wunder“ tut, „viele Völker schlug“ und dennoch „freundlich“ ist (Ps 135). „Fürwahr, du bist ein verborgener Gott, du Gott Israels, der Heiland.“ (Jes 45,15) Nur in dieser Spannung von Gottes Zorn und Gnade, Karfreitag und Ostern, Gesetz und Evangelium, kann christliche Verkündigung m.E. recht geschehen. Sie ist in dieser Krise nötiger als je.
Pfr.Winfrid Krause, Rohrbach



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