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Zum 75. Todestag:

Besinnung auf Dietrich Bonhoeffer

Pfarrer Thomas Berke, Mülheim an der Mosel und Veldenz

Wer kennt ihn nicht, den Theologen und evangelischen Pfarrer Dietrich Bonhoeffer? Im Alter von 39 Jahren wurde er auf persönlichen Befehl Hitlers kurz vor Kriegsende am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet. Mit ihm die führenden Köpfe des Widerstands gegen Hitler in der deutschen Abwehr: Admiral Wilhelm Canaris, Hans Oster, Karl Sack und Ludwig Gehre. Bonhoeffer war in dieser Widerstandsgruppe der einzige Theologe.

Überall in der Welt wird zum 9. April 2020 an Dietrich Bonhoeffer erinnert. Grund genug, danach zu fragen, was Bonhoeffer dazu bewegte, sich dem Widerstand gegen Hitler, der sich in Generalstab und Abwehr formierte, anzuschließen. Dazu ist es gut, sich an seinen Weg als Pfarrer und Theologe während der NS-Zeit zu erinnern.

Dietrich Bonhoeffer erkannte früh die Gefährlichkeit der totalitären NS-Ideologie für Kirche, Andersdenkende und Juden. Er gehörte zu den ersten, die das Eintreten von Christen und Kirche für die Juden einforderten. Als Hitler ab 1933 versuchte, die evangelische Kirche mit Hilfe der „Deutschen Christen“ gleichzuschalten, organisierte er zusammen mit anderen evangelischen Christen den innerkirchlichen Widerstand. Richtschnur für das, was in der Kirche gilt, sollte Jesus Christus und sein Evangelium bleiben, und nicht die antichristliche NS-Ideologie. Dies führte zur Bildung der „Bekennenden Kirche“ überall dort, wo NS-Theologen die Kirchenleitung übernommen hatten. Dies war u.a. im Rheinland der Fall.

Bonhoeffer sah seine Bestimmung darin, den Pfarrer-Nachwuchs für die Bekennende Kirche im „illegalen“ Predigerseminar Finkenwalde (bei Stettin in Pommern) auszubilden. Er hat dort von 1935-40 eine Generation junger Pfarrer geprägt, von denen viele nach 1945 eine wichtige Rolle in der evangelischen Kirche spielten. Besonders eng verbunden war er dort u.a. mit Gerhard Ebeling, dem langjährigen Präsidenten der Luther-Akademie Ratzeburg, und Gerhard Krause, dem Vater unseres Konventsvorsitzenden Pfarrer Winfrid Krause, verbunden.

Bonhoeffer gelang es, junge Pfarrer für die Sache von Jesus Christus zu begeistern. So wie Jesus Christus für alle Menschen am Kreuz gestorben ist, sollen Kirche, Gemeinde und Christen sich für andere, vor allem für Arme, Schwache und Verfolgte, einsetzen. Durch eine Predigt, die sich an Gottes Wort orientiert und es mit unserer Lebenswirklichkeit verbindet, soll die Gemeinde in ihrem Glauben an Jesus Christus gestärkt werden. Dabei soll sich die Gemeinde nicht von der Welt abkapseln, sondern sich den Menschen außerhalb der Gemeinde zuwenden, indem sie ihnen von Jesus Christus erzählt und sich für sie einsetzt, wenn sie Hilfe brauchen. Kirche und Christen dürfen sich also niemals mit sich selbst begnügen. Dietrich Bonhoeffer sah klarer als andere die Sinnlosigkeit von Millionen Toten in einem aussichtlosen Krieg, die Verbrechen an den Juden, an anderen Minderheiten, an Andersdenkenden und in den besetzten Gebieten in Osteuropa. Aus diesem Grund schloss er sich einer Widerstandsgruppe um den Chef der deutschen Abwehr, Admiral Wilhelm Canaris, an. Dies war für ihn kein leichter Schritt vom kirchlichen zum politischen Widerstand. Er wollte nicht abseits stehen und tatenlos zusehen, wie andere unter Lebensgefahr versuchen, das Schreckens-Regime Hitlers zu beenden. Wie die am Widerstand beteiligten Christen sah er die Schuldverstrickung, die damit verbunden war. Nach gescheiterten Attentaten auf Hitler wurde er 1943 verhaftet, obwohl er nicht direkt daran beteiligt war.
Im Gefängnis in Berlin-Tegel tröstete er viele Mitgefangene durch die Gewissheit des Glaubens. Silvester 1944 dichtete er – den sicheren Tod vor Augen - in der Gefängniszelle das tröstliche Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Es ist aus den Silvester-Gottesdiensten und den Trauergottesdiensten nicht mehr wegzudenken. Seine Botschaft tröstet und ermutigt uns gerade auch jetzt in der Corona-Krise.
Pfarrer Thomas Berke, Mülheim an der Mosel und Veldenz



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