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Liebeserklärung an ein sperriges Geheimnis

Die Kirche feiert in der Osterzeit die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Mit dem Licht der Osterkerze in der Osternacht, mit den Osterfeuern auf Wiesen und Feldern (oft kombiniert mit Fastenbrechen), endet die elende Grabesruhe des Karsamstag.

Dieser gesetzlich nicht geschützte Gedenktag geht meistens im österlichen Einkaufstrubel unter, obwohl er eigentlich noch ruhiger als der Karfreitag sein müsste. An diesem Tag ist Gottes Sohn nicht nur tot, sondern auch begraben: Ende...Ruhe er in Frieden.

Gerade der österliche Einkaufstrubel, die Vorbereitungen von Osterfeuern, Osternächten und österlichen Familienfesten, zeigen eine zutiefst menschliche Facette der Grabesruhe: Auf die Beerdigung folgt die Erkenntnis, dass das Leben nun weitergeht. Wäre Jesus einfach nur ein vorbildlicher, kluger und hilfsbereiter Mensch gewesen, hätten seine Schüler, Nachfolger und Fans gesagt: Wir müssen da weitermachen, wo er aufgehört hat.

Doch das passiert nicht. Schon bei der Gefangennahme heißt es: (Matthäus 26,56) Dann verließen ihn die Jünger alle und flohen. Nur vereinzelte Frauen nehmen an der Beisetzung teil (Lukas 23,55). Was die anderen in dieser Zeit tun, ist offenbar nicht erwähnenswert. Angst und Schock werden sie regiert haben. Es ist einfach menschlich. Die Apostel, die Jünger, die Frauen, alle reagieren so, wie man es sich gut vorstellen kann. Sie glauben, dass Jesus nun tot ist.

Matthäus 27,62-66 berichtet sogar von „Hohepriestern“ und „Pharisäern“, die sich an Pontius Pilatus wenden, um eine Grabwache zu erbitten, „damit nicht die Jünger kommen und ihn [aus dem Grab] stehlen und dem Volk sagen: Er ist von den Toten auferweckt worden.“ Man fürchtet den Betrug und Pilatus veranlasst das Nötige. Die Wache wird bestellt, der Grabstein wird versiegelt. Jedweder Betrug ist ausgeschlossen!

Doch was dann folgt, hätte niemand für möglich gehalten. Jesus ersteht leiblich auf. Der versiegelte Stein rollt (irgendwie!) weg. Das Grab ist leer. Die vier Evangelien berichten es mit unterschiedlichen Akzenten.

Das leere Grab zeigt: 1. Die Auferstehung war keine Einbildung einer hysterischen Fan-Gemeinde. 2. Die Auferstehung war keine verschwommene Nebelkerze, die mit Licht, Rauch und anderen esoterischen „Special-Effects“, Menschen, die „an was glauben wollen“ das gibt, was sie glauben wollen. 3. Die Auferstehung ist ein historisches Faktum und keine Behauptung. 4. Die Auferstehung reißt eine verwesende Leiche in ein neues Leben zurück. 5. Die Auferstehung ist der neue Bund Gottes mit den Menschen: auf den Tod folgt das Leben und nicht (mehr) umgekehrt.

Wie gerne wäre ich mit Maria Magdalena, Maria, Mutter des Jakobus und Salome in das leere Grab gegangen. Und wie gerne hätte ich den Aposteln davon „eilends“ erzählt, selbst wenn sie meine Worte für „leeres Geschwätz“ (Lukas 24,11) gehalten hätten. Doch Petrus rannte hin und überzeugte sich selbst! So wurde das leere Grab zum ersten „Beweis“ für die Auferstehung und was noch wichtiger ist: das leere Grab war der erste Grund zur Freude nach dem Leiden.

In diesem Sinne ist eine Liebeserklärung an dieses sperrige Geheimnis angebracht. Weniger angebracht ist es jedoch mit rationalistischem Denken und „Gemenschel“ dieses Geheimnis einfach in Abrede zu stellen. Weil es einfach ungenügend ist, alle Dinge, die sich unsere sogenannte Vernunft nicht vorstellen kann, als unmöglich darzustellen. Ein Glaube, der nicht anerkennt, dass bei Gott alles möglich ist, gerät in Gefahr schwach zu werden. Und deshalb ist das Evangelium vom leeren Grab ein Trostwort, das uns lehrt: Gott kann Dinge, die ich nicht umfänglich begreifen kann.

Pfr. Dirk Bangert, Wuppertal-Nächstebreck am 9. April 2016



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