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Bericht über die Tagung des Lutherischen Konventes im Rheinland am 21.02.2016 im Haus der Ev. Kirche in Bonn

Pro & Contra Diskussion Gender-Mainstreaming auf der Konventstagung des Lutherischen Konventes in Bonn

Spannende Diskussionen versprach die Tagung des Lutherischen Konventes im Rheinland im Haus der Ev. Kirche in Bonn. Zwei profilierte Referenten waren gekommen, die zum Gender-Mainstreaming eine Pro- und eine Kontra-Position vertraten: Pastorin Irene Diller aus Düsseldorf von der Gender- und Gleichstellungsstelle der Ev. Kirche im Rheinland vertrat in einem Kurzreferat die Pro-Position, während der Berliner Jugendforscher Dr. Martin Voigt Kontra-Argumente ins Feld führte. Zahlreiche Mitglieder und Freunde waren gekommen, um der Debatte beizuwohnen und selber mitzudiskutieren.

Zunächst entwickelte Pastorin Diller ihr Verständnis von Gender-Mainstreaming. Aus ihrer Sicht gehe es bei diesem Thema hauptsächlich um die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Die Unterscheidung von biologischem Geschlecht und sozialer Rolle sei hilfreich, damit Frauen wie auch Männer in Gesellschaft und Wirtschaft in Positionen tätig sein können, die bislang überwiegend Frauen oder Männern vorbehalten gewesen sind. Darum sei das bisherige Frauenreferat der Landeskirche in „Gender- und Gleichstellungsstelle“ umbenannt worden. Denn es gehe nicht allein um Frauen, sondern auch darum, dass Männer in bestimmten von Frauen dominierten Bereichen (z.B. Kindergärten, Alten- und Krankenpflege) tätig sein können. Aus ihrer Sicht sei Gender-Mainstreaming eine politische und unternehmerische Handlungsstrategie zur Verwirklichung der Chancengerechtigkeit der Geschlechter. Der Behauptung, Gender-Mainstreaming leugne die Existenz der Geschlechter im biologischen Sinne, widersprach sie entschieden. Sie betonte zudem, dass die in der Ev. Kirche im Rheinland vertretene Sicht von Gender-Mainstreaming mit der des Luthersichen Weltbundes, der Bundesregierung und der Europäischen Union übereinstimme.

Der Jugendforscher Dr. Martin Voigt zeichnete hingegen in seinem Kontra-Referat ein ganz anderes Bild von Gender-Mainstreaming. Aus seiner Sicht handele es sich dabei um einen aus dem Marxismus kommenden „soziologischen Dekonstruktivismus“). In der Gender-Ideologie seien alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens einschließlich der Geschlechter-Unterschiede durch Menschen „konstruiert“. In der Sicht der Gender-Ideologie sei die Vater-Mutter-Kinder-Familie nichts Natürliches, sondern „soziale Konstrukte“, die verändert werden können. Dies gelte auch für die „sexuelle Bezogenheit der Geschlechter aufeinander“. Darum greife das Gender-Mainstreaming die traditionelle Familie an und instrumentalisiere dafür die Familienpolitik und die Sexualpädagogik. Seine Kronzeugin für dieses Programm des Gender-Mainstreaming ist die amerikanische Journalistin Dale O’Leary, die auf der Weltfrauenkonferenz in Peking 1997 diese Ziele vertreten hat. Die Aufwertung der Homosexualität und die Sexualisierung der Gesellschaft gehören genauso zu diesem Programm wie der Angriff auf die Mutter-Kind-Beziehung durch die Krippenbetreuung ab dem Alter von 6 Monaten und die gezielte „Stimulierung des Sexualtriebs“ durch die Propagierung eines „Probiert, was euch gefällt“ in den Schulen. Die Entfremdung der Kinder von ihrer Mutter durch eine kollektive Kinderbetreuung sei seit Lenin ein marxistisches Programm zur Gesellschaftsveränderung, weil man meinte, dass in der herkömmlichen Familie zu viele traditionelle Werte vermittelt würden. Dr. Voigt verwies auf Studien zu Krippenkindern, die die negativen Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Kinder wie den Verlust der Bindungsfähigkeit nachgewiesen haben.
Nach den beiden Stellungnahmen wurde klar, dass Pastorin Diller und Dr. Voigt unter „Gender-Mainstreaming“ etwas völlig unterschiedliches verstanden haben. Die weitere Diskussion war darum von der Frage bestimmt, welches „Gender-Verständnis“ nun sachgemäß sei. Unter den Teilnehmern war Konsens, dass aus christlicher Sicht das biologische Geschlecht dem Menschen von Gott vorgegeben und nicht veränderbar ist. Das gilt auch für die Vater-Mutter-Kind-Familie. Viele Teilnehmer sprachen sich dafür aus, dass die Kirche für die Familie und den Schutz der frühkindlichen Mutter-Kind-Beziehung eintreten und allen Versuchen der Frühsexualisierung an den Schulen entgegentreten solle. Man war sich mit Pastorin Diller und Dr. Voigt einig, dass die Chancengerechtigkeit der Geschlechter ein biblisch begründetes Menschenrecht ist, für das sich die Kirche seit ihren Anfängen eingesetzt hat. Der Vorsitzende des Lutherischen Konventes, Pfarrer Winfrid Krause, ergänzte jedoch, dass das Neue Testament im Sinne der Rechtfertigungslehre nicht die Geschlechter nicht als gleichberechtigt, sondern als gleichbegnadet ansehe. Auf Widerspruch stießen manche theologischen Ausführungen von Pastorin Diller, die der Kirche und ihren Synoden das Recht zusprechen wollte, mit Mehrheit zu entscheiden, welche Bibelstellen zu ethischen Fragen derzeit in der Kirche gültig seien. Dieses Recht habe Martin Luther, so der stellvertretende Konventsvorsitzende Pfarrer Thomas Berke, in seinem Verständnis von Reformation der Kirche gerade nicht geben wollen. Denn mit dem Argument, dass die Kirche über die biblische Wahrheit verfüge, habe der Papst schließlich den Ablass begründet.

Der Lutherische Konvent hat bewusst eine Pro- und Kontra-Debatte zu dem umstrittenen Thema „Gender-Mainstreaming“ angesetzt, um dem biblisch begründeten Argument eine Chance zu geben und die weithin bestehende Sprachlosigkeit zwischen Befürwortern und Gegnern des Gender-Mainstreaming in der Kirche zu überwinden. Am Ende der Tagung bestand große Übereinstimmung in dem Wunsch, die Kirche möge für den Schutz der Vater-Mutter-Kind-Familie eintreten und allen Versuchen der Frühsexualisierung an den Schulen entgegentreten.

Thomas Berke



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