[Startseite]


Bericht über den Lutherischen Konvent am 22.2.2015 in Brühl

Nach der von Pfr. Berke, Mülheim/Mosel gehaltenen Andacht über Mt 4,1-11 stand ein Vortrag von Prof.Dr.Klaus Raschzok, Neuendettelsau, über den „Kirchenraum nach lutherischem Verständnis“ im Mittelpunkt des gut besuchten Konvents. Der katholische Kunsthistoriker Johann Michael Fritz habe dem Luthertum eine „bewahrende Kraft“ im Umgang mit der mittelalterlichen kirchlichen Kunst bescheinigt. Dennoch habe die Reformation neue Grundentscheidungen für das Verständnis des Kirchenraums getroffen.

Martin Luther etwa betonte in seinem „Sermon vom Mißbrauch des Messe“ (1521), Jesus habe das Hl.Abendmahl in einem Gasthaus eingesetzt, damit es nicht als Opfer mißverstanden werde, die nach dem Gesetz im Tempel dargebracht werden mußten. Die Apostel hätten das Brot in den Häusern gebrochen und nicht im Tempel geopfert. (WA 8,525,10ff.) Der Gottesdienst sei zur Verkündigung des Evangeliums und zur Feier der Sakramente geordnet und eine Begegnung mit dem erhöhten Christus. Der Kirchenraum sei nicht an-sich heilig, sondern werde geheiligt durch Gottes Wort und Gebet (1.Tim 4,5) und den Glauben der Gemeinde, nicht durch den Weihbischof oder Weihwasser. Der wahre Tempel Gottes seien die Christen im Hl.Geist (1.Kor 6,19). Bei der Einweihung der Schloßkirche in Torgau (1544) sagte Luther, „das dis newe Haus dahin gericht werde, das nichts anders darin geschehe, denn das unser lieber Herr selbs mit uns rede durch sein heiliges Wort, und wir widerumb mit jm reden durch Gebet und Lobgesang.“ (WA 49,588,15ff)

Johannes Calvin benutze dagegen in seier „Institutio christianae religionis“ (1559) die atl. Tempelmetaphorik, doch sei auch für ihn Christus der eigentliche Ort der Gottesanbetung. Durch sein Opfer seien die atl. Sühnopfer aufgehoben; Christen bringen Gott lediglich Lobopfer im Geist dar; das ganze Christenleben werde zu einem Tempel und Opfer für Gott (Röm 12,1); die Kirchen seien Pforten des Himmels, wo der eigentliche Gottesdienst stattfinde; der Kirchenraum werde spiritualisiert.

Während in der Folge in Genf die Kirchen außerhalb der Gottesdienst verschlossen wurden, blieben sie im Luthertum noch lange für das private Gebet geöffnet, besonders in Kriegszeiten. In der Folge geben lateinische Gedichte und deutsche Predigten zu Kircheinweihungen Auskunft über das Verständnis des Kirchenraumes. Im 19.Jahrhundert sprach Wilhelm Löhe vom „Schmuck der heiligen Orte“; nicht die Priester und Pfarrer, sondern die „Prinzipalstücke“ Taufstein, Altar und Kanzel sollten als Kontaktstellen von Gott und Mensch geschmückt werden. Der Kirchenraum bilde den Glaubensinhalt ab; der lutherische Gottesdienst entführe uns nicht in den Himmel, sondern Christus begegne uns in Wort und Sakrament auf Erden.

In unserer Zeit sprechen Kulturwissenschaftler, so der Philosoph Hermann Schmitz, vom „Göttlichen als Athmosphäre“; Kirchen würden auch außerhalb des Gottesdienstes zu „Statthaltern des Heiligen“. Raschzok nahm diese Ansätze auf: die „relationale Heiligkeit des Kirchenraums“, die christliche Kunst und die „Spuren seiner Nutzung“ erleichterten den Aufbau einer Gottesbeziehung. Für die Gottesdienstgemeinde sei er ein Ort der Heimat, für Touristen und Besucher eine Gelegenheit, mit dem Glauben in Berührung zu kommen. Die „Leiblichkeit“ des Kirchenraumes sei deshalb für den Glauben wichtig, da es keine rein geistige Gottesbeziehung gebe. Unsere Kirchen eröffneten „Beziehungsräume“ zur Erfahrbarkeit Gottes.

In der anschließenden, lebhaften Diskussion wurden die Fragen der Kirchengestaltung und Liturgie vertieft und die mit Kirchenschließungen oder Umwidmungen verbundenen Schmerzen angesprochen. Der Konvent schloß sich dem „Wormser Wort“ des 73. Deutschen Pfarrertages zu den Abbau- und Umbauprozessen in der Ev.Kirche an (http://wort-meldungen.de/?p=8681 - info@wort-meldungen.de)

Pfr.W.Krause, Vorsitzender



[Seitenanfang] [Startseite]