[Startseite]


„Gott Komma Du …“

Zum Sonntag „Rogate“:

„Gott, du …“ so fangen in den letzten Jahren vermehrt Gebete an, die man in vielen Gottesdiensten hören kann. Auch in der Gebetsliteratur und in den Liturgieentwürfen können wir sie finden. Die bis dato allgemein gebräuchlichen Gebetsanreden „„Herr, unser Gott“ oder „Herr, Jesus Christus“ sind demgegenüber auf dem Rückzug. Ich muss gestehen: Mich stört das schon aus sprachlichen Gründen. Niemand käme auf die Idee, unseren Bundespräsidenten mit „Bundespräsident, Sie“ oder den Schulleiter mit „Direktor, Sie …“ anzureden. Das ist irgendwie nackt und abstrakt. Denn der Zusatz „Herr“ (im alltäglichen Bereich natürlich auch „Frau“) drückt eine achtungsvolle und von Wertschätzung geprägte Beziehung zu dem ‚Angeredeten aus.

Dieser Aspekt spielt bei der Gebetsanrede „Herr“ sicher auch eine Rolle. Aber es steht noch viel mehr auf dem Spiel. Denn „Herr“ ist in der Bibel zugleich der Name Gottes. In der griechischen Sprache steht an dieser Stelle „kyrios“, und die hebräische Entsprechung von „Herr“ lautet bekanntlich „Adonaj“. Spätestens an dieser Stelle sollten wir uns an 2. Mose 3 erinnern. Denn dort offenbart Gott seinen Namen: „Jahwe“. Die Juden besaßen eine Scheu, diesen Namen auszusprechen. Darum sprachen Sie an allen Stellen, an denen in der hebräischen Bibel das Tetragramm „Jahwe“ steht, ganz konsequent „Adonaj“, also „Herr“. In der griechischen Übersetzung der Septuaginta wurde das zu „kyrios“. Martin Luther hat dies mit dem deutschen Wort „Herr“ korrekt übersetzt. Um diesen einen Herrn Jahwe jedoch von den anderen Herren in der Welt eindeutig zu unterscheiden, steht in der Luther-Bibel das Wort „HERR“ im bewussten Anklang an das Tetragramm stets in vier Großbuchstaben. Das heißt: Überall dort, wo im Alten Testament „HERR“ in vier Großbuchstaben zu lesen ist, steht im hebräischen Urtext der Gottesname „Jahwe“ dahinter: „Der HERR ist mein Hirte“ heißt eigentlich „Jahwe ist mein Hirte“. „Lobe den HERRN, meine Seele, …“ heißt eigentlich „Lobe Jahwe, meine Seele ..“ Hier wird jetzt zweierlei klar:

- „Gott“ ist eigentlich kein Name, sondern ein allgemeiner Begriff, ähnlich wie das Wort „Mensch“.

- Fällt die Anrede „Herr“ weg, dann wird Gott seines Namens entkleidet. Denn „Herr, unser Gott“ meint eigentlich „Jahwe, unser Gott“.

Jetzt wird klar, warum die Anrede „Gott, du …“ irgendwie nackt und abstrakt erscheint. Im Alltag wäre es vergleichbar, wenn wir bei der Anrede auf den Namen verzichten und einfach nur die Personengruppe nennen würden: „Nachbar, Sie …“ oder „Schüler, Du …“

Der Name gehört bei einer persönlichen Anrede dazu. Und beim Gebet handelt es sich um eine persönliche Anrede. Zudem ist der Gott, der uns in der Bibel begegnet, eben kein allgemeiner Gott. Er hat einen Namen, den er uns offenbart hat. Er lautet Jahwe“, also „HERR“. Mit diesem Namen will Gott angeredet sein. Und so sollten wir es auch tun in unseren Gebeten. Damit die Adresse eindeutig ist.

Nun wird vielleicht jemand fragen, wie es sich denn mit der Anrede „Herr Jesus Christus“ verhält. Ist dort „Herr“ ein Titel oder ein Name? Im letzten Fall würde Jesus dann mit zwei Namen, im Sinne eines „Jahwe Jesus Christus“ angeredet. Dies ist nicht ganz falsch! Denn Jesus Christus ist wesensgleich mit dem Gott, der den Namen „Jahwe“ trägt.

Auf der anderen Seite ist „Herr“ natürlich auch ein Titel. Er besagt, dass Jesus Christus Herr der Welt und Herr in meinem Leben ist. Hier hat die Anrede „Herr“ also zugleich einen Bekenntnischarakter.

Welche Motive stehen dahinter, wenn die Anrede „Herr“ weggelassen wird? Die Antwort lautet: Dahinter steht eine political correctness, die sich aus feministischer Wurzel („‘Herr‘ ist zu männlich“) oder aus multireligiösen Interessen speist („‘Herr‘ ist zu christlich und kann von Muslimen und Hindus nicht mitgebetet werden“). Beide Motive sind jedoch von Menschenweisheit und Menschenfurcht gespeist. Wir sollten uns lieber treu und fest an die Bibel halten. Denn darauf liegt des HERRN Segen!

Pfarrer Thomas Berke, Mülheim (Mosel)



[Seitenanfang] [Startseite]