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EKD-Papier zur Familie:

Kommt es nur noch auf „Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit“ an ?

Interessegeleitete Argumentationen verkennen das Besondere der Familie, Von Pfarrer Thomas Berke, Mülheim (Mosel)

In dem neuen EKD-Papier zum Thema „Familie“ kann man als evangelischer Christ Erstaunliches lesen: Die traditionelle Verständnis von Familie habe diese auf ihre biologische Seite reduziert und dabei die Werte der Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit zu gering geachtet. Wenn man diese Werte jedoch an die erste Stelle setze, dann könnten auch andere Lebensformen Familie sein, in denen kein biologischer Zusammenhang bestehe und die nicht durch die Ehe von Mann und Frau konstituiert seien. So lautet kurz zusammengefasst die Argumentationslinie dieses Papieres. Sie war bereits am 16. Februar 2013 durch ein Interview des EKD-Ratsvorsitzenden mit der Tageszeitung „Die Welt“ als neue Linie der EKD angekündigt worden. Man beruft sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht, dass seiner Auslegung von Artikel 6 des Grundgesetzes inzwischen einen „erweiterten Familienbegriff“ zugrunde lege. „Ehe und biologische Abstammung sind damit nicht mehr konstituierende Merkmale von ‚Familie‘ im Sinne des Grundgesetzes“, schreiben die Autoren des EKD-Familienpapieres.

Nun mag man bei allem Respekt gegenüber dem Bundesverfassungsgericht mit Fug und Recht bezweifeln, ob es mit dieser Auslegung dem ursprünglichen Sinn von Artikel 6 gerecht wird. Schließlich sagt eine Minderheit der Verfassungsrichter hier ein unüberhörbares „Nein“.

Für die evangelische Kirche kann jedoch weder der Familienbegriff des Bundesverfassungsgerichtes noch die gesellschaftliche Entwicklung ein Maßstab sein. Dies lehrt uns Barmen III: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.“ Wer wollte bestreiten, dass es heute vielfältige Lebensformen gibt? Diese hat es auch in der Zeit der Urchristenheit gegeben. Demgegenüber hat jedoch die Christenheit von Anfang an die in der Ehe von Mann und Frau begründete Familie zeichenhaft und überzeugend in einer Gesellschaft mit vielfältigen Lebensformen gelebt. Dies wird im EKD-Familien-Papier in keiner Weise gesehen. Stattdessen wird auf die komplizierte familiäre Situation bei Abraham und Jakob verwiesen und dabei verschwiegen, dass dies an keiner Stelle zur Nachahmung empfohlen wird. Im Gegenteil: Der Prophet Nathan überführt David eines Ehebruches. Und Johannes der Täufer riskiert im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kopf, als er den König Herodes wegen seines Ehebruches unter Hinweis auf Gottes heilige Gebote zur Rede stellt.

Ist unsere Kirche noch gesellschaftskritisch?

Hier stellt sich die Frage: Hat die Evangelische Kirche in Deutschland ihr in Gottes Geboten begründetes prophetisches Amt in gesellschaftlichen Fragen an den Nagel gehangen? Offensichtlich weiß die Leitung unserer Kirche nicht mehr zwischen 68er- Emanzipationsideologie und biblischer Botschaft zu unterscheiden. Stattdessen versucht sie, mit fragwürdigen biblischen Argumenten die 68er-Emanzipationsideologie, die die individuellen Bedürfnisse zum höchsten Gut erklärt, abzusegnen und sogar zu dogmatisieren. Auf diese Weise kann die Evangelische Kirche nur noch gesellschaftsbestätigend, aber nicht gesellschaftskritisch wirken.

Bloss biologisch ?

Zurück zur Frage, ob das bisherige Verständnis von Familie den biologischen Aspekt zu hoch und die Werte der Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit zu gering bewertet habe. Dabei muss bedacht werden, dass die „biologische Seite“ von Gott in der Schöpfung so eingerichtet worden ist, als Gott den Menschen als Mann und Frau schuf. Die Geschlechtlichkeit ist damit keine Rollenzuweisung der Gesellschaft, sondern eine Einrichtung Gottes. Sie hat den Zweck, der Weitergabe des Lebens zu dienen. Dafür ist es nötig, dass Kinder von ihren leiblichen Eltern (von wem sonst?) gezeugt und großgezogen werden, um dann das Elternhaus zu verlassen, zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen (1. Mose 1 und 2). Jesus hat dies ausdrücklich bestätigt (Matthäus 5 und 19).

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, deren Aufwertung das eigentliche Ziel des EKD-Papieres ist, haben jedoch kein Ziel, das über die Partnerschaft hinaus weist. Sie dienen der Erfüllung der eigenen Bedürfnisse, die in dem EKD-Papier unhinterfragt in unbiblischer Weise an die erste Stelle gesetzt werden.“ Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit“ dienen in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nicht der Weitergabe des Lebens. Denn es können aus ihnen keine Kinder hervor gehen.

Im EKD-Papier wird also etwas was gegeneinander ausgespielt, was in biblischer Sicht nicht voneinander getrennt werden kann. Die „biologische Seite der Familie“ ist die leibliche Verbindung von Eltern und Kindern. Sie ist von Gott so eingerichtet. Jeder Mensch hat, ob er will oder nicht, genau einen leiblichen Vater und genau eine leibliche Mutter. Aus der Leiblichkeit der Beziehung von Eltern zu ihren Kindern erwächst Verantwortung im Sinn von „Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit“, aus der man sich nicht einfach davonstehlen kann. Das leibliche Band bleibt. Es kann nicht gelöscht werden. Darum suchen viele Adoptiv- und Pflegekinder nach ihren leiblichen Eltern, wenn sie erwachsen sind. Dies bestätigen im Grunde auch die „Patchwork-Familien“. Die Außenbeziehung zu leiblichen Elternteilen, mit denen man nicht mehr „dauerhaft und verbindlich“ zusammenlebt, kann nicht einfach gekappt werden. Familien mit Adoptiv- und Pflegekindern sowie „Patchwork-Familien“ sind Notbehelfe. An erster Stelle bleibt die Verantwortung der leiblichen Eltern für ihre leiblichen Kinder (und umgekehrt), für die die Familie der von Gott eingerichtete Schutzraum ist.

Familie dem Menschen zugute

Unsere Kirche täte gut daran, den Wert der auf der Ehe von Mann und Frau gegründeten Familie für unsere Gesellschaft neu zu entdecken, und zwar im Vertrauen auf Gottes Wort. Die überwiegende Mehrzahl der jungen Menschen strebt die Gründung einer auf der Ehe von Mann und Frau gegründeten Familie an. Viele lassen sich nach vielen Jahren einer Partnerschaft ohne Trauschein standesamtlich und kirchlich trauen, wenn sie Kinder haben und eine Familie gründen wollen. Sie zeigen damit auf ganz natürliche Weise, dass „Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit“ ihrer Partnerschaft noch nicht alles sind. Diese Paare sollten von unserer Kirche zur Gründung einer Familie ermutigt werden. Es ist eben nicht egal, ob eine Partnerschaft auf sich fixiert in der Befriedigung eigener Bedürfnisse „verlässlich und dauerhaft“ kinderlos gelebt wird, oder ob sie für die Weitergabe des Lebens offen wird.

Anstatt den Unterschied zwischen der Familie und anderen Lebensformen, die nicht für die Weitergabe des Lebens offen sind, einzuebnen, wäre es besser, Christen dazu zu ermutigen, den Wert der Familie zeichenhaft vorzuleben. Denn es ist gut für unsere Gesellschaft, wenn Paare sich entschließen, eine Familie mit eigenen Kindern zu gründen. Es ist gut für unsere Gesellschaft, wenn Kinder mit ihren Eltern in der Familie aufwachsen. Trotz aller Schwierigkeiten und Probleme im Einzelnen hat Gott die Familie auf der Grundlage der Ehe von Mann und Frau dem Menschen zugute eingerichtet!

Pfarrer Thomas Berke, Mülheim (Mosel)



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