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Heiland, Christus und Herr
Reiner Vogels
Weihnachten 2008

"Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids." Dies hat der Engel in der Nacht von Bethlehem den Hirten auf dem Felde verkündigt. Hunderte Male haben wir die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium gelesen. Sehr oft haben wir Predigten oder Andachten darüber gehört. Dennoch lohnt es sich, sie immer von neuem Wort für Wort zu bedenken. Ich möchte an Weihnachten drei Wörter aus der Botschaft der Engel an die Hirten auslegen. Es sind die Wörter "Heiland", "Christus" und "Herr".

Heiland

Mit "Heiland" hat Luther das griechische Wort 'soter' übersetzt. Wollte man ganz wörtlich übersetzen, könnte man auch das Wort "Retter" wählen. Gemeint ist, dass das Kind, das im Stall von Bethlehem zur Welt gekommen ist, der Retter und Erlöser der Welt ist. In der Botschaft des Engels steht das Wort Heiland an erster Stelle. Das Heiland- oder Rettersein Jesu ist das Wichtigste. Im Gespräch (Joh. 4) mit der samaritanischen Frau, das der erwachsene Jesus dreißig Jahre später am Jakobsbrunnen in Sychar führen sollte, wird dies überdeutlich herausgearbeitet: Hat die Samariterin Jesus zunächst nur als Judeen und als Propheten bezeichnet, so kommt sie am Ende des Gesprächs zum Ziel und Höhepunkt ihres Erkennens: "Dieser ist wahrlich der Welt Heiland." (V. 42)

Darauf kommt es an. Dazu, im Grunde allein zu diesem Zweck, ist der eingeborene Sohn Gottes Mensch geworden. Damit die Welt erlöst werden konnte, ist der Sohn Gottes seinen Weg in die Fremde gegangen. Um die Welt zu retten, ist das ewige Wort Fleisch geworden. Das Christentum ist keine diesseitsorientierte Lehre, es ist kein Lebensmodell für gutes, erfolgreiches, gesundes, friedliches oder glückliches Leben. In manchen Situation kann es zu solchem Leben beitragen, aber die Hauptsache ist das nicht. Die Hauptsache ist, dass der Retter geboren ist, der uns erlöst von Sünde und Tod. Die Hauptsache ist, dass es für uns todverfallene und sündenverstrickte Menschen Hoffnung gibt. Deshalb ist Weihnachten ein fröhliches Fest, ein einziges Fest der Freude.

Christus

Christus ist das griechische Wort für das hebräische Wort Messias. Beide Wörter heißen übersetzt "der Gesalbte". Der Begriff kommt her vom alttestamentlichen Brauch der Salbung des Königs.

Israel wartete damals (und wartet auch noch heute) auf den neuen Messias. Die Messiashoffnung Israels war und ist eine nationale Hoffnung. Israel wartet auf den neuen König aus dem Stamme des Königs David. Als der Engel das Kind im Stall als "Gesalbten", bzw. als "Christus" bezeichnet hat, hat er deutlich gemacht, dass alle Messiashoffnung und alles, was mit der Hoffnung auf diesen Messias verbunden ist, im Krippenkind von Bethlehem zum Ziel und zur Erfüllung gekommen ist. Die nationale Hoffnung Israels wird in Christus ausgeweitet in eine allgemeine, alle Menschen aus allen Nationen der Erde einschließende Erlösung. Das Wort "Christus" steht in der Engelbotschaft an zweiter Stelle. Das bedeutet: Weil der Erlöser der Erlöser der ganzen Welt ist, darum ist er auch der Messias Israels.

Herr

Herr ist die Übersetzung des griechischen Wortes 'kyrios'. Immer wieder begegnet uns im Neuen Testament die Bezeichnung Jesu als "Herr", so auch, schon ganz am Anfang in der Botschaft des Engels von Bethlehem. Ganz ohne Frage lehnt sich die Bezeichnung Jesu als Herr an den alttestamentlichen Gottesnamen an. Den Namen Gottes sprachen fromme Juden ja aus Ehrfurcht nicht aus. Statt dessen umschrieben sie den Namen Gottes mit 'adonai'. Das heißt: mein Herr. Aus diesem Grunde ist in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments der hebräische Gottesname immer mit dem griechischen Wort 'kyrios' - "Herr" wiedergegeben worden.

Als der Engel auf den Feldern vor Bethlehem diesen Sprachgebrauch aufgenommen hat, hat er unmissverständlich gesagt, dass der Heiland und Messias wahrer Gott ist. Darüber, wie das wahre Gottsein Jesu sich zu Gottvater verhält, sagt der Engel nichts. Die Aufgabe, darüber nachzudenken, hat der Engel den christlichen Theologen überlassen, die sich jahrhundertelang darüber den Kopf zerbrochen haben. Die theologischen Formeln, die sie schließlich gefunden haben, sind gar nicht entscheidend, entscheidend ist das, was der Engel gesagt hat: Der Heiland ist Gott.

Erst an dritter Stelle ist in der Botschaft des Engels von der Gottheit Jesu die Rede. Ganz gewiss ist das ein Hinweis auf die Rangfolge: Dass Jesus wahrer Gott ist, besser, dass sich in Jesus Gott selbst auf den Weg und ans Werk gemacht hat, war notwendig, weil Jesus Erlöser sein sollte. Nur Gott selbst kann die Welt erlösen. Und er ist gekommen, genau das zu tun.

Ich wünsche all unseren Lesern ein gesegnetes Weihnachtsfest und eine fröhliche weihnachtliche Zeit.

Pfr. i.R. Reiner Vogels, Swisttal, 24. 12. 08



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