Oft wird in der Diskussion um den
Islam erklärt, daß in den islamischen Staaten des Mittelalters
in religiöser Hinsicht Toleranz geherrscht habe. Geradezu euphorisch
wird dabei manchmal auf die Verhältnisse im maurischen Andalusien
und auf die Stadt Sevilla verwiesen. Dort, so ist in vielen heutigen Reiseführern
zu lesen, hätten Moslems, Christen und Juden einträchtig miteinander
gelebt hätten. Meist wird dabei jedoch vergessen, daß Juden
und Christen in islamischen Herrschaftsgebieten nur der Dhimmi-Status,
der Status von "Schutzbefohlenen" gewährt worden ist. De facto waren
Juden und Christen Bürger zweiter Klasse.
Ein wichtiges historisches Dokument
zum Dhimmi-Status ist der Vertrag, der in der Regierungszeit des zweiten
Kalifen Omar (634-644) zwischen den islamischen Herren und den Christen
geschlossen worden ist. Dieser Vertrag wurde als Modell für den Status
der Anhänger der "Buchreligionen" (Judentum und Christentum) im Herrschaftsgebiet
des Islam verstanden. In der Zeitschrift CA 11/2002 aus dem
Freimund-Verlag
ist auf S. 55 der Vertragstext in wesentlichen Auszügen abgedruckt.
Wir geben mit freundlicher Genehmigung des Verlags den Text wieder. Dabei
überlassen wir es den Lesern, den Vertragstext zu analysieren und
über das dort sichtbare Verständnis von Toleranz zu urteilen.
Die Zeitschrift CA - Confessio Augustana ist erscheint
viermal im Jahr (Jahresabonnement € 16,80). Ein kostenloses Probeexemplar
kann beim Verlag bestellt werden.
CA schreibt:
Teurer Schutz
Der Dhimmi-Status als Form der Diskriminierung
Wenngleich der Islam als tolerant
für Christen und Juden galt, spricht der Koran von beiden Glaubensweisen
als „nichtigem Glauben“. Seine Anhänger waren als Vertreter der „Buchreligion“
Schutzbefohlene (dhimmi) mit Sonderstatus. Zu keiner Zeit jedoch waren
Nichtmuslime unter islamischer Herrschaft gleichberechtigte Staatsbürger.
Der „Sonderstatus“ des Schutzbefohlenen verhinderte jedoch nicht ihre historisch
ununterbrochene Dezimierung bis hin zu ihrer bedrängten Lage in der
Gegenwart.
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Geschichtlich wirkmächtig
wurde der Vertrag des zweiten Kalifen Omar (Regierungszeit 634-644) -
eher eine Selbstunterwerfung um existieren zu können, eingeschränkt
im Leben und Glauben, - und teurer! In diesem "Vertrag" unterschrieben
Christen etlicher von Muslimen unterworfener Städte etliche weitreichende
Verpflichtungen. Dieser „Vertrag“ wurde als Modell für das Miteinander
der Anhänger der Buchreligionen unter islamischer Herrschaft verstanden.
Demgegenüber unterdrücken gegenwärtig die meisten islamischen
Staaten ihre religiösen Minderheiten, besonders die Christen und missachten
ihre Rechte. Der "Vertrag" hatte folgende Wortlaut:
"Wir [d. h. die Christen]
würden persönlich und in demütigender Haltung Kopfsteuer
bezahlen; keinen Muslim daran hindern, bei Tag oder Nacht in unseren Kirchen
abzusteigen, ihn dort ehrenvoll drei Tage lang aufnehmen, ihm Speise geben
und ihm ihre Tore öffnen; den Holzgong nur leicht anschlagen und beim
Kirchgesang unsere Stimmen nicht erheben; ... wir würden (ferner)
keine Kirche, Kloster, Einsiedelei oder Zelle bauen, noch auf solche (religiösen
Gebäude), die verfallen sind, wieder herrichten; uns nicht in einem
(solchen Gebäude) versammeln, wofern es sich in einem muslimischen
Viertel befindet noch auch (überhaupt), wenn Muslime zugegen sind;
unsere Vielgötterei nicht zur Schau tragen, nicht für sie Propaganda
machen; kein Kreuz (außen) an irgendeiner unserer Kirche aufrichten
noch auch an irgendeiner Straße oder irgendeinem Marktplatz der Muslime;
den Koran weder lernen noch unseren Kindern lehren; keinen unserer Angehörigen
an der Annahme des Islams hindern, falls er (den Übertritt) begehrt;
...den Muslimen in Tracht, Erscheinung und Sätteln nicht ähneln...;
sie ehren und respektieren und uns vor ihnen erheben, wenn wir mit ihnen
zusammentreffen; ...unsere Häuser nicht höher machen (als die
ihren); keinerlei Waffen und Schwerter behalten und diese weder in einer
muslimischen Stadt noch auf Reisen durch muslimisches Gebiet tragen; ...keinen
Muslim schlagen; keinen Sklaven an uns nehmen, der Eigentum von Muslimen
gewesen ist. Diese Bedingungen erlegen wir uns selbst und unseren Religionsgenossen
auf; wer sie verwirft, genießt keinen Schutz (dhimma)".
Nach der Übersetzung von G. E. von Grunebaum, Der Islam im Mittelalter, 230 f.
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