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Die Todesstrafe – können Christen dafür eintreten?

Gemeindevortrag in Essen-Schonnebeck am 7. Juni 2001
Wolfgang Sickinger






Was sagt die Bibel?

Im Alten Testament ist die Todesstrafe ausdrücklich vorgesehen.



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Im Neuen Testament gibt es keine direkte Stellungnahme zur Todesstrafe



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1. Theologische Hinweise

Die geschichtliche Entwicklung
In der jüdischen wie in der frühen christlichen Tradition wird die Todesstrafe nicht in Frage gestellt. Sie gehört zu der Ordnungsmacht der staatlichen Gewalt und geschieht im Auftrag des göttlichen Gesetzes.

Im Mittelalter herrscht die Auffassung, daß der Staat im Auftrag Gottes zur Todesstrafe berechtigt sei, daß die Kirche sich aber nicht an ihr beteiligen darf.

Die Reformation sieht dies nicht grundsätzlich anders.

Bis in das 20. Jh. hinein haben eine große Zahl von Theologen und Philosophen die Todesstrafe bejaht und auf verschiedene Art und Weise begründet, sei es mit der Vergeltung, dem Schutz der Gemeinschaft vor dem Verbrecher oder der sittlichen Ordnung. Durch die Erfahrung der braunen und roten Diktaturen ist aber ein Wandel eingetreten.

2. Theologische Argumente gegen die Todesstrafe

Wenn Gott der Herr und der Geber des Lebens ist, haben Menschen nicht das Recht dazu, einem anderen das Leben zu nehmen. Die einzige Ausnahme davon ist die Notwehr gegen einen lebensbedrohenden Angriff.

Ein wichtiges Argument gegen die Todesstrafe aus dem christlichen Glauben lautet, daß Christus für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist. Er hat unsere Sünde auf sich genommen. Durch Umkehr und Glauben ist Vergebung möglich und ein neuer Anfang auch des größten Sünders.

Durch Kreuz und Auferstehung Jesu und durch die Kraft des Heiligen Geistes kann ein Mensch verändert werden. Die Todesstrafe würde diese Möglichkeit verhindern, die Gott den Menschen durch Christus eröffnet hat.

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3. Humanistische und gesellschaftspolitische Argumente gegen die Todesstrafe

Jeder Mensch hat das Recht auf Leben – auch der Staat darf es ihm nicht nehmen, auch nicht im Fall schlimmster Verbrechen, weil dieses Menschenrecht auf Leben eben ohne Einschränkung für jeden Menschen gilt.

Gegen die Todesstrafe spricht weiterhin, daß die Möglichkeit einer fehlerhaften Beweisführung und eines Justizirrtums nie auszuschließen ist.

Ein Täter muß bei seiner Schuld behaftet werden – ihm das Leben zu nehmen, steht aber der staatlichen Gemeinschaft nicht zu, auch wenn der Täter selbst anderen Menschen das Leben genommen hat.

4. Die großen Weltreligionen und die Todesstrafe

Im Buddhismus gehör es zum rechten Handeln, nicht zu töten.

Hinduismus: Wer sich außerhalb der Ordnung stellt, konnte nach der alten hinduistischen Kultur mit dem Tod bestraft werden.

Im Islam ist die Todesstrafe und auch das Töten für Allah durch den Koran festgelegt.

Die Haltung des Judentums ergibt sich aus dem oben geschilderten Inhalt des AT. In der jüdischen Rechtspraxis wurde aber schon im 1. Jh. n. Chr. die Todesstrafe nur sehr selten praktiziert und sollte nach der Auffassung mancher Schriftgelehrter faktisch abgeschafft werden.

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5. Zusammenfassung

Das zentrale theologische Argument liegt in der Erlösung durch Kreuz und Auferstehung Jesu Christi: Wenn Christus unsere Schuld auf sich genommen hat und wenn Gott uns durch sein Kreuz und seine Auferstehung Vergebung und Erlösung schenkt, haben wir Menschen nicht das Recht, einen anderen Menschen zum Tode zu verurteilen. Wir nähmen ihm die Möglichkeit, dieses Geschenk Gottes anzunehmen.

Ein Denkanstoß zum Abschluß

Wer mit guten christlichen Gründen die Todesstrafe ablehnt, sollte allerdings konsequent sein. Nicht nur das Leben eines Verbrechers verdient Schutz, sondern auch das Leben des schwächsten Gliedes unserer Gesellschaft: des ungeborenen Kindes im Mutterleib.

Wenn der entscheidende christliche Grundsatz der ist, daß Gott das Leben gibt und das deshalb kein Mensch es nehmen darf, dann gilt dieser Grundsatz sowohl für das Leben eines brutalen Möders wie für das Leben eines ungeborenen Kindes.


Pfarrer Wolfgang Sickinger, Sunderplatz 5, 45472 Mülheim an der Ruhr


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