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80 Jahre Büchenbeurener Erklärung:

Mutige Thesen aus dem Kirchenkampf haben aktuelle Bedeutung



Mutige Thesen aus dem Kirchenkampf haben aktuelle Bedeutung Am 19. Januar 1934 bewiesen evangelische Pfarrer Mut. Sie verfassten in Büchenbeuren eine Erklärung zu „Lehre und Ordnung der evangelischen Kirche“. Der drohenden Gleichschaltung der evangelischen Kirche mit dem NS-Staat wollten sie damit etwas entgegensetzen. Die Bedrohung kam nicht allein von außen, sondern auch von innen. Eine ganze Reihe von Pfarrern, Synodalen und Presbytern bis in die Kirchenleitung hinein hatten sich der NS-Ideologie verschrieben. Sie hielten die NS-Ideologie für zeitgemäß und wollten eine staats- und gesellschaftskonforme Kirche. Wer wie die mutigen Hunsrücker Pfarrer auf die Bibel und die Bekenntnisse der Kirche verwies, wurde als rückständig und staatsfeindlich verunglimpft. Ist die Büchenbeurener Erklärung heute noch aktuell? Oder ist sie überholt, weil doch der NS-Staat vor fast 70 Jahren zusammenbrach? Ich meine, dass die Büchenbeurener Erklärung für uns und unsere evangelische Kirche auch heute noch wegweisend ist. Zum Beispiel, wenn sie die Pfarrer auffordert, „auf und unter den Kanzeln Jesus Christus allein gemäß der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes“ zu predigen. Erwarten dies die heutigen Gottesdienstbesucher noch oder geben sie sich mit einer allgemeinen religiösen Rede zufrieden? Die Hunsrücker Pfarrer wagten es, in der 1. These zu schreiben: „Wir halten fest am Bekenntnis zu Jesus Christus, wahrem Gott und wahrem Mensch. Einen anderen Grund kann niemand legen. Darum verwerfen wir alle Irrlehren, die uns Gotteserkenntnis und Gottesgemeinschaft auf anderem Wege als durch Jesus Christus vermitteln wollen.“ Scheuen nicht viele vor dem „allein Jesus Christus“ und dem „allein durch den Glauben“ zurück, weil es der political correctness zu widersprechen scheint?

„Ach, wie verstaubt und rückwärtsgewandt“, wird jetzt mancher denken und in seinem Herzen hinzufügen: „Wir wollen doch eine moderne, zeitgemäße, fortschrittliche Kirche sein …“ Aber das wollten die von der NS-Ideologie begeisterten Kirchenmitglieder letztlich auch. Macht uns das nachdenklich?

Wie oft wird mir aufgezählt, was die Kirche alles tun sollte oder abschaffen sollte. Maßstab ist dafür meist die Meinung der Leute oder die Meinung der Meinungsmacher in den Medien. Fragen wir noch nach dem, was Jesus Christus meint?

Nach 80 Jahren blicken wir mit Dankbarkeit auf diese mutigen Pfarrer zurück. Sie haben einen kleinen Beitrag geleistet, dass die evangelische Kirche dem Evangelium von Jesus Christus und ihren Bekenntnissen treu blieb. Indirekt haben Sie auch zur Überwindung des Nationalsozialismus beigetragen. Es ist auch für uns heute gut, durch die Büchenbeurener Erklärung an den Kern der Reformation erinnert zu werden: Kirche erneuern durch die Rückbesinnung auf Jesus Christus und auf Gottes Wort, wie es in der Bibel bezeugt wird. Wo das geschieht, bleibt die Kirche Kirche Jesu Christi. Das war vor 80 Jahren so und es ist heute nicht anders.

Pfarrer Thomas Berke, Mülheim an der Mosel und Veldenz


Büchenbeurener Erklärung vom 19. Januar 1934

Diese Thesen wurden noch vor der berühmten Barmer Theologischen Erklärung vom 29.-31.5.1934 von Hunsrücker Pfarrern im Kirchenkampf formuliert und beschlossen, unter ihnen das Mitglied unseres Konvents, Pfarrer Hermann Lutze, Kleinich und Wuppertal. Entschließung zur Lehre und Ordnung der evangelischen Kirche



1. Wir halten fest am Bekenntnis zu Jesus Christus, wahrem Gott und wahrem Mensch. Einen anderen Grund kann niemand legen. Darum verwerfen wir alle Irrlehren, die uns Gotteserkenntnis und Gottesgemeinschaft auf anderem Wege als durch Jesus Christus vermitteln wollen.

2. Wir halten fest am Bekenntnis zur ganzen Heiligen Schrift Alten und Neuem Testamentes, weil dieselbe uns unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Jesus Christus. Darum verwerfen wir alle Irrlehren, die die Heilige Schrift herabsetzen, entwerten, zerreißen, zerstückeln und damit zerstören wollen.

3. Wir halten fest an dem Bekenntnis zu einer wahrhaft evangelischen Kirche, in der allein Jesus Christus durch sein Evangelium regiert. Darum verwerfen wir alle Irrlehren, die die Kirche anders als vom Worte Gottes allein her aufbauen wollen. Wir kämpfen gegen die Missstände, die durch diese Irrlehren und ihnen entsprechende falsche Maßnahmen in die evangelische Kirche eingedrungen sind, und halten fest an der presbyterial-synodalen Ordnung unserer Väter.

4. Wir fordern von unseren Pfarrern, dass sie auf und unter den Kanzeln Jesus Christus allein gemäß der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes predigen.

5. Wir fordern insbesondere von unserer Kirchenleitung, dass sie klar und entschieden auf diesen Grundlagen unserer Kirche steht. Wir erwarten von ihr, dass sie alles tut, dass es durch aufrichtige Buße und gegenseitige Sündenvergebung zu einem wahren Frieden in der Kirche komme.

6. Wir stellen uns hinter die Pfarrer, denen die Verkündigung Jesu Christi gemäß der Heiligen Schrift zum Aufbau einer wahren evangelischen Kirche höchstes Anliegen ist.

Aus der Hunsrücker Zeitung vom 1. Februar 1934



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