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Bericht über den Lutherischen Konvent am 1.11.2013 in Brühl



Nach einem feierlichen Abendmahlsgottesdienst mit einer programmatischen Predigt von Pfr. Bollengraben über die christliche Freiheit nach Gal 5,1 trug der Nestor der Bonner Fakultät, Prof. Dr. Martin Honecker, über „Lutherjubiläen – einst – und heute?“ vor. Die Hundertjahrfeiern gehen auf den Jubelablaß der Päpste seit 1300 zurück, wurden aber durch Luthers Ablaßkritik und Reformation in Frage gestellt. Das Reformationsgedenken 1617 stand geplant von der Wittenberger Fakultät im Zeichen des konfessionellen Zeitalters mit der entsprechenden Abgrenzung des Luthertums von der Katholischen und Reformierten Kirche. 1717 dagegen war die sächsische Centenarfeier wegen des Übertritts des sächsischen Herzogshauses zum Katholizismus als Kompromiß mit dem lutherischen Konsistorium konzipiert. Nach den Befreiungskriegen wurde Luther 1817 als Befreier von welscher Besatzung und deutscher Held gefeiert. Durch die preußische Union und die nationalen Bestrebungen wurden jedoch seine eigentlichen Anliegen verdunkelt. Während 1917 die offiziellen Feiern im 1.Weltkrieg martialisch verzerrt waren, begann mit K.Holl die theologische „Lutherrenaissance“. Im Rückblick auf diese zeitgeschichtlichen Vereinnahmungen erhebt sich die Forderung nach einem historischen Jubiläum: Was war eigentlich das Proprium Luthers? Obwohl seine Person aus der Reformationsgeschichte nicht wegzudenken ist, geht es nicht um seine Person in Verherrlichung oder Kritik, sondern um das wiederentdeckte Evangelium von der Rechtfertigung durch die Gnade Gottes in Jesus Christus allein aus Glauben (Röm 3,28). Die weltweite und ökumenische Bedeutung Luthers ist herauszustellen. Die kulturellen und politischen Folgen der Reformation sind von ihrer kirchlichen und theologischen Relevanz zu unterscheiden. Der evangelische Umgang mit der Bibel wäre zu klären. Luther kann die Kirche an ihren Glaubenskern erinnern, wenn man sich an den großen Reformationsschriften von 1520 orientiert. In der anschließenden lebhaften Diskussion ging es um Recht und Grenze des protestantischen Individuums, das unklare Jubiläumskonzept der EKD, Luthers Bedeutung für die neuzeitliche Freiheit und die Frage, wie seine Theologie im heutigen Kontext erhellend wirken kann?

Danach informierte Pfr. Berghaus den Konvent über die Pfarrbilddiskussion im Rheinland und die Tendenz, das Pfarramt nach Eph 4,11f. in die anderen Ämter einzuordnen. Die reformierte Tradition kennt die vier Ämter der Presbyter, Pastoren, Lehrer und Diakone, das Luthertum ging von dem einen Amt der Verkündigung des apostolischen Evangeliums aus, „die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk“ (Barmen VI). Das EKiR-Papier „Zeit für's Wesentliche“ überträgt das „allgemeinde Priestertum der Gläubigen“, nach dem alle Christen aufgrund der Taufgnade freien Zugang zu Gott ohne klerikale Vermittlung und Bevormundung haben und insofern vor Gott als Person durch den Glauben alle gleich sind, in unzulässiger Weise auf die kirchlichen Ämter und Werke. Wie der aus dem reformierten Siegerland stammende O.Hofius jüngst in seinem Aufsatz „Das kirchliche Amt der Verkündigung bei Paulus und in den Deuteropaulinen“ (FS Theobald 2013) gezeigt hat, kennt Paulus zunächst das eine, Gemeinde gründende, apostolische Amt, das „Jesus Christus“, das „Wort vom Kreuz“ bzw. „die Versöhnung predigt“ (1.Kor 1,18; 3,10f.; 2.Kor 5,18f.). Auf ihm bauen dann die aus den verschiedenen Geistesgaben resultierenden kirchlichen Ämter auf, wobei die „Wortämter“ der „erstens Apostel, zweitens Propheten drittens Lehrer“ gegenüber den übrigen Gaben und Ämtern („dann“) offensichtlich hervorgehoben sind (1.Kor 12,28f.). Während Jesus nur Jünger und Apostel mit dem Evangelium eingesetzt hat, kommen im übrigen Neuen Testament weitere Ämter hinzu, die je nach Gabe und Situation ihre Zeit haben. Das grundlegende Amt der Evangeliumsverkündigung kann jedoch nicht aus der Gemeinde und dem allgemeinen Priestertum abgeleitet werden, sondern steht ihr gegenüber. „Die Paulusbriefe und die Deuteropaulinen bieten keine tragfähige Basis für die Auffassung, daß die Predigt des Evangeliums prinzipiell Auftrag und Sache aller Gemeindeglieder ist... Das kirchliche Amt der Verkündigung ist der Gemeinde gegeben, damit das Evangelium, aus dem sie lebt und ohne das sie keinen Bestand hat, 'in ihr stets laut wird'“... Das Fundament ist und bleibt, was die Apostel aufgrund der ihnen zuteil gewordenen Gottesoffenbarung als Inhalt des Evangeliums bezeugt haben.“ Hofius spricht deshalb „dem kirchlichen Amt der Verkündigung...eine besondere Stellung zu“, weil das „Gegenüber von Amt und Gemeinde...Ausdruck für das Gegenüber von Evangelium und Gemeinde ist.“(S. 354-57) Entsprechend hatte Luther die Kirche als Geschöpf des Evangeliums bezeichnet („ecclesia enim creatura est Euangelii“ WA 2,430,6f.) und gesagt, daß „das Predigtamt...das aller höchste Amt ist, an dem alle anderen hängen und folgen“ (WA 11,415,24ff.). Nach einer engagierten Diskussion wurde der Vorstand beauftragt, die lutherische Position in das landeskirchliche Gespräch einzubringen.

Schließlich verabschiedete der Konvent einstimmig eine von Pfr. Berke erarbeitete kritische Stellungnahme zum EKD-Orientierungshilfe „Familie als verläßliche Gemeinschaft stärken“. Der hier vorgelegte „erweiterte Familienbegriff“ erklärt unter Zurückstellung der die Ehe von Mann und Frau hervorhebenden Bibelstellen gesellschaftliche Entwicklungen für normativ, womit die leibliche Dimension der Eltern-Kind-Beziehung abgewertet wird. Luther hat dagegen die Ehe gegenüber der katholischen Auffassung als Sakrament zwar „ein äußerlich weltlich Ding“ (WA 30/III,205,12), sie aber zugleich „ein göttlich Werk und Gebot“ und einen durch „Gottes Wort...gestiftet...geistlich(en)...Stand“ (BSLK 529f.) genannt. In unserer freiheitlichen Gesellschaft brauchen die Menschen Orientierung an Gottes Wort. Gott hat die Familie so eingerichtet, daß sie auf der Ehe von Mann und Frau aufbaut, der Weitergabe des Lebens dient und ein Schutzraum für Kinder ist.

W.Krause 1.11.2013 in Brühl



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