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Das Zeichen und die Schrift
Zur Geschichte von den drei Weisen aus dem Morgenland (Mt. 2, 1-12)
Reiner Vogels

Ein Zeichen am Himmel haben die drei Weisen aus dem Morgenland - manchen sprechen auch von drei Königen - gesehen, einen Stern, der einen neuen König in Israel ankündigte. Astronomen und Theologen spekulieren darüber, welchen Stern bzw. welche besondere Himmelserscheinung sie gesehen haben könnten. War es ein Komet? Eine Konstellation von Jupiter und Saturn? Eine Supernova? Oder war es etwas völlig anderes? Kein Mensch weiß die Antwort. Man kann getrost die Spekulationen auf sich beruhen lassen.

Interessant allerdings ist, dass die Weisen aus dem Morgenland - vermutlich waren es Sternenkundige aus Babylon, also Heiden, die nicht an den Gott der Bibel glaubten - ein Zeichen gesehen haben. Auch die Heiden haben Zeichen, die auf Gott hinweisen. Die Schöpfung ist voller Zeichen, die die Menschen aufmerken und fragen lassen sollen, die sie zum Suchen und Forschen bewegen sollen. Bei den Weisen aus dem Morgenland war es ein besonderer Stern. Aber alle Menschen können aufmerken und hören, dass die Himmel die Ehre Gottes erzählen (Ps. 19). Alle Menschen hören die Stimme in ihrem Gewissen, die sie nach gut und böse fragen lässt. Alle Menschen können des Nachts den gestirnten Himmel über sich bestaunen und beginnen, nach dem Schöpfer des Alls zu fragen.

Die Weisen damals haben es nicht beim Staunen allein belassen. Sie sind dem Zeichen nachgegangen. Sie haben versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen. Eine Forschungsreise haben sie unternommen. Im Grunde haben sie gehandelt wie moderne Wissenschaftler, die sich nicht einfach mit dem Betrachten der Phänomene begnügen, sondern versuchen, die Kräfte und Naturgesetze zu erkennen, die hinter den Dingen stehen.

Ein Stück weit sind die Weisen auf ihrer Forschungsreise dem Ziel näher gekommen. Ins Land Israel sind sie gelangt, sogar in die Hauptstadt Jerusalem. Am Ende aber hat das Zeichen sie nicht zum Ziel geführt. Im Gegenteil, es hat sie in den Palast des Herodes geführt, gewissermaßen in die Höhle des Löwen. Denn Herodes war ja, wie sich später herausstellen sollte, der gefährlichste Feind des neugeborenen Königs. Auch in dieser Hinsicht ist die Geschichte von den drei Weisen ein Lehrstück: Die Zeichen der Natur, die Zeichen, die die Schöpfung reichlich und vielfältig bereithält, sind Zeichen, mit denen Gott die Aufmerksamkeit erregen und zum Fragen reizen will. Allein jedoch führen diese Zeichen nicht wirklich zum Ziel. Die bloße Erforschung der Welt führt nicht zu dem wirklichen Gott.

Zum Ziel hat die Weisen aus dem Morgenlande am Ende erst die Bibel geführt. Die Schriftgelehrten Jerusalems haben ihnen dabei geholfen. Sie haben auf das Verheißungswort des Propheten Micha über die Geburt des Messias in Bethlehem hingewiesen, und das hat den Weisen den Weg gewiesen, der zum Ziel führte.

Als Botschaft der Geschichte können wir festhalten: Gott gibt Zeichen. Allen Menschen, auch den Ungläubigen und Heiden gibt er Zeichen, denn er will alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit führen. Zum Ziel jedoch führt am Ende nur die Schrift. Nichtchristen und Ungläubige sollen ruhig den Zeichen folgen und ihnen nachgehen. Irgendwann jedoch, wenn sie erkennen, dass die Zeichen nicht eindeutig sind, sollten sie in der Schrift nachlesen. Zur Klarheit der Gotteserkenntnis führt nur die Schrift.


Pfr. i. R. Reiner Vogels, Swisttal, 5. 1. 09
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