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"Zu Karfreitag: Wie das EKD-Magazin chrismon die Bibel demontiert"
Wilhelm Drühe

Mit meiner Tageszeitung erhielt ich „chrismon“, die monatliche Beilage dieses EKD-Magazins. Es ging um Karfreitag – und was ich da lesen konnte, das ist sicher eine Demontage dessen, was ich bisher über Karfreitag gehört, gelesen und auch geglaubt habe. Hier die Zusammenfassung der wesentlichen Thesen:

Die Vorstellung, die jüdischen Behörden oder gar die jüdische Bevölkerung hätten eine Zuständigkeit oder Mitverantwortung für die Verurteilung Jesu, sei historisch und rechtlich nicht haltbar. Nicht einmal die vier Evangelien stimmten darin überein, wer für Urteil und Exekution verantwortlich ist. Im Johannesevangelium seien die historischen Tatsachen ganz und gar falsch wiedergegeben. Historisch korrekt sei es nicht, wenn bei Matthäus und Lukas gesagt wird, die Juden die Römer zur Hinrichtung Jesu angestiftet. Das so genannte „Blutwort“ sei frei erfunden. Liest man alle vier Evangelien parallel, so müsse man ehrlicherweise sagen: Ob Jesus den Anspruch erhob, „König der Juden“ zu sein, ist sehr fraglich. Matthäus, selbst ein Jude, habe die grundlegende Botschaft: während das jüdische Volk Jesus ablehnt, wenden sich ihm die Heiden zu. Dass diese globale Ausrichtung des Evangeliums mit einem Fluch über das jüdische Volk einhergehe, sei unerträglich – zum „Blutruf“: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ Matthäus 27, 25).

Das las ich in der März-Ausgabe von „chrismon“, immerhin herausgegeben von Bischof Professor Dr. Wolfgang Huber, Landesbischof Dr. Johannes Friedrich und Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann u.a. Unter „Religion für Einsteiger“ hat diesen Artikel Eduard Kopp, Theologe in der Redaktion von „chrismon“, geschrieben und er soll eine Antwort geben auf die Frage: “Wer ist schuld am Tod Jesu?“ mit einem Blick auf die historischen Fakten. Das Blatt, monatlich verteilt als Beilage in „Die Zeit“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Mitteldeutsche Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“, „Der Tagesspiegel“ u.a. spricht also einen bestimmten Personenkreis an, wenn man die Verteilorgane beachtet – und ist, nach meiner Beobachtung und Meinung, so etwas wie die moderne „Kirchenzeitung“ des theologisch weichgespülten Protestantismus in Deutschland, Organ der „Kirche der Freiheit“. Für mich hat sich wieder einmal bestätigt, dass dieses Magazin ein Skandal ist. Was wird dadurch unverantwortlich bei den Leserinnen und Lesern der genannten Zeitungen verbreitet? Wie sollen sie damit umgehen, wenn sie vielleicht doch an Karfreitag eine evangelische Kirche besuchen und etwas ganz anderes hören – in der Auslegung der biblischen Berichte und Bewertungen? Die oben angeführten Aussagen machen deutlich, von welchem Bibelverständnis dieses Blatt mit dem Theologen Eduard Kopp ausgeht – zum Schluss des Beitrages: „Man muss mit der Erkenntnis leben, dass die Bibel ein Buch ihrer Zeit von Menschen ihrer Zeit ist. Leser von heute werden und müssen sich an manchen Aussagen reiben.“

Also: Die Bibel sei – wie sich am Umgang mit der Kreuzigung des Jesus von Nazareth zeigt – eine Tendenzschrift der damaligen Zeit, die mit den historischen Vorgängen wenig oder nichts zu tun hat. Was dazu gesagt wird, sei „historisch und rechtlich nicht haltbar.“

Die EKD will also offensichtlich etwas dagegen tun, dass sich immer noch Evangelische an das halten, was in der Bibel steht – auch ein Programm der „Kirche der Freiheit“? Diese „Freiheit“ muss man sich vor allem nehmen, wenn es um das Kreuz auf Golgatha geht. Könnte es vielleicht sogar sein, dass es letztlich eine selbstverschuldete Selbsttötung Jesu war, an dem weder Juden noch Römer schuld waren?

Ich bleibe als evangelischer Christ und Theologe dabei, dass die religiöse und politische Obrigkeit der Juden den Tod Jesu betrieben haben – über viele Seiten berichten die vier Evangelien, was gegen Jesus von Nazareth unternommen worden ist. Wenn ich das alles zusammen nehme, dann frage ich mich: Wieso ist der Bericht der vier Evangelien nicht historisch plausibel und auch glaubwürdig? Wird er in „chrismon“ eine Kirchen-Ideologie geopfert?

Wilhelm Drühe, Mettman, 15. März 2008



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