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Evangelische Dankfeiern für einen katholischen Erzbischof?
Wilhelm Drühe

Endlich sind wir Evangelische als „Kirche“ anerkannt! Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat es dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am 18. Februar 2008 gesagt: „Sie ist eine Kirche, aber eine andere.“ Nach katholischem Verständnis ist sie nicht im vollumfassenden Sinn Kirche. Nun wissen wir dauernd protestantisch nörgelnden Christen es – und ein Erzbischof, dazu noch neuer Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, hat es uns bestätigt: wir sind eine richtige christliche Kirche, wenn auch nach dem katholischen Verständnis nicht im Vollsinne, was immer das bedeuten mag. Aber das ist immerhin schon mehr als das, was in den Jahren zuvor immer wieder aus dem Vatikan kam, meistens zurückgehend auf den obersten Glaubenswächter, Kardinal Joseph Ratzinger, der jetzt Papst Benedikt XVI. geworden ist. Ob der sich dazu auch einmal wieder einmal äußern wird? Immerhin will sich der Freiburger Erzbischof im Vatikan für ein gutes Miteinander von Protestanten und Katholiken einsetzen, wie er jetzt im Nachrichtenmagazin ankündigte.

Freuen wird sich sicher besonders Wolfgang Huber, Berliner Bischof und EKD-Ratsvorsitzender. Den hat es immer geärgert, wenn der Vatikan sein Bischofsamt abwertete, eben das nur einer „kirchlichen Gemeinschaft“ und ohne apostolische Sukzession, was die richtigen Bischofsämter der katholischen Kirche auszeichnet. Jetzt kann er aufatmen und sich seiner Bischofswürde freuen, ohne fürchten zu müssen, dass ihm dieser Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, nicht immer die Inkompetenz vorhält – besonders wenn es um die „Ökumene der Profile“ und die „Kirche der Freiheit“ geht. Hätte der Freiburger Erzbischof nicht auch Wolfgang Huber einen Brief schreiben können, um ihm mitzuteilen, was man in „Der Spiegel“ lesen kann – sozusagen von Bischof zu Bischof?

Mir kommt das Ganze so vor wie die früheren Anerkennungsvorgänge und –Verweigerungen zwischen der BRD und der DDR, Gott sei Dank überholt. Letztlich haben sie damals nicht viel gebracht – die politischen Gegensätze blieben, wie jetzt die religiösen und kirchlichen zwischen Katholizismus und Protestantismus, bleibend und unüberbrückbar - auch nicht durch einen gutmeinenden Erzbischof.

Martin Luther hat in seiner Osterpredigt 1534 gesagt, der Papst sei ein „Ketzer“, weil er die Bibel verfälscht durch heidnische Philosophie. Benedikt XVI. tut in seinem Grundsatzprogramm „das Christentum als Synthese von Glaube und Vernunft“ nichts anderes. Aber evangelische Kirchenleitende wollen am liebsten den Papst als „Sprecher der Christenheit“ berufen und anerkennen. Und dann erst recht sein „Jesus-Buch“! Wehe, wenn da ein Evangelischer sagt, der Papst sei ein „Ketzer“! Er hat dann auch wohl in der evangelischen Kirche nichts mehr zu lachen und zu leben! Die 348 christlichen Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen, dem Weltkirchenrat, dazu die sehr zahlreichen Freien Gemeinden und Gemeinschaften auf der ganzen Erde, sind für mich ein Zeichen dafür, dass „Ökumene“ nur noch in Anführungszeichen gesetzt werden sollte, dass die Kirchen und Gemeinschaften, also die Konfessionen, sich immer mehr auseinander entwickeln, weil sie von jeweils verschiedenen religiösen Voraussetzungen ausgehen. Das bedeutet, dass man trotz guter Zusammenarbeit an der Basis - und nur dort und dort dringend notwendig! – die anderen „Kirchen“ nicht grundsätzlich als „christlich“ anerkennen muss. Martin Luther hat uns die Augen geöffnet, was nach unserem Verständnis zum Kirche-Sein dazugehört, was aber auch nicht. Der Erzbischof Robert Zollitsch kann nicht beurteilen, in welchem Sinne unsere evangelische Kirche eine Kirche ist – eines steht für mich fest: seine römisch-katholische Kirche mit einem Papst an der Spitze ist nicht Kirche Jesu Christi in meinem oder unserem evangelischen Sinne. Sie nimmt schon nicht die erste Hürde des „sola scriptura“ (allein die Schrift), weil sie nach Benedikt XVI. eine „Synthese von Glaube und Vernunft“ sein will.

Pfr. i. R. Wilhelm Drühe, Mettmann, 18. Februar 2008, am Todestag Martin Luthers



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