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500 Bäume für Luther
Gedanken zum 31. Oktober 2008
Wilhelm Drühe

Nun treibt die evangelische Kirche in die Luther-Dekade unter dem Motto „Luther 2017 – 500 Jahre Reformation“. Im September 1508 kam Martin Luther als Professor zum ersten Mal nach Wittenberg, an der neuen Universität sollte er als Professor wirken. Aber seine Tätigkeit nahm eine andere Richtung. Berühmt und berüchtigt wurde sein Thesenanschlag am 31. Oktober 1517, das Datum für die Kirchen-Reformation, die der Professor angestoßen hatte – wenn auch unklar bleibt, wie sich das wirklich abgespielt hat. Jedenfalls veröffentlichte er für den akademischen Bereich 95 Thesen zur Frage des Ablasses und der päpstlichen Gewalt , was schließlich dazu führte, dass die kirchliche Einheit zerbrach.

Nach 500 Jahren steht die Christenheit vor einem Scherbenhafen der Konfessionen. Das merkt man auch an dem feierlichen Auftakt der Luther-Dekade. Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), schwärmt von einer Dekade der Reform, wünscht sich Entdeckerfreude in seiner Kirche, ein Nostalgiefest solle es aber nicht werden. Katholische Stimmen sind alles andere als begeistert. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige warnte bei der Eröffnung der Luther-Dekade vor einer Jubel- und Profilierungsfeier des Protestantismus mit antikatholischen Spitzen. Ähnlich auch Kardinal Walter Kasper, als Ökumene-Minister im Vatikan so etwas wie ein Oberaufseher in Richtung Protestanten. „Es wäre schlimm, wenn daraus am Ende ein neuer Konfessionalismus würde.“ Trotzdem ein Wunsch aus Rom: Dem Protestantismus sei eine Rückbesinnung auf den Glauben des Reformators nur zu wünschen. Es werden zehn spannende Jahre innerhalb und außerhalb des Protestantismus werden. Was wäre aber, wenn sich immer mehr herausstellen sollte, dass der Reformkatholik sich nie von der katholischen Kirche getrennt hätte, so wie sie sich heute nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil präsentiert? In Worms steht noch das große Denkmal der Reformation mit Martin Luther und den anderen Persönlichkeiten, die sich mit ihm um eine Erneuerung der Kirche bemüht haben – 1521 war hier der Reichstag, der die Reichsacht über Luther aussprach.

Zum Reformationsjubiläum 2017 soll in Wittenberg ein ganz anderes Denkmal entstehen: ein Luthergarten mit 500 Bäumen. Jeder Baum soll eine von der Reformation beeinflusste Kirche repräsentieren – und in der Partnerkirche wird ein Gegenstück gepflanzt, also ein interaktives Reformationsdenkmal aus Bäumen. Übrigens werden auch die Diözesen der römisch-katholischen Kirche zur Teilnahme eingeladen. Luthers Lehre damals im 16. Jahrhundert, Luthers Lehre heute im 21. Jahrhundert – 500 Jahre sind ein breiter, garstiger Graben, den auch eine Luther-Dekade kaum überwinden kann. Wenn Martin Luther den Konfessions-Frieden nicht mehr stören soll, dann ist die Idee mit den 500 Bäumen gar nicht so schlecht. Nach der Legende wollte der Reformator ja auch ein Bäumchen pflanzen, wenn das Ende der Welt am nächsten Tage kommen würde. So werden die 500 Bäume in Wittenberg auch die Luther-Dekade, was immer wie bringen mag, überdauern. Martin Luther muss mit uns durch unsere Zeit gehen. Achten wir auf das, wofür er war – aber auch auf das, wogegen er eintrat. Vielleicht können wir so den Graben überwinden.

Pfr. i.R. Wilhelm Drühe, Mettmann, 30.10. 2008



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