[Startseite]


Die rheinische Landessynode hat im Januar 2004 unter bewußter Verletzung der reformatorischen Bekenntnisse und gegen das Zeugnis der Heiligen Schrift eine Resolution verabschiedet, in der die Meinung vertreten wird, daß die Kirche niemanden von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl ausschließen dürfe. Der Vorstand des Lutherischen Konvents im Rheinland hat auf seiner Sitzung vom 28. Juni 2004 in Adenau einstimmig eine kritische Stellungnahme zu dieser Resolution beschlossen. Die Stellungnahme finden Sie im Wortlaut unten auf dieser Seite. Sie können sie auch als *pdf-Datei herunterladen. Klicken Sie bitte hier.

Der Lutherische Konvent im Rheinland würde es begrüßen, wenn durch die vorgelegte Stellungnahme die theologische Diskussion in unserer Kirche wieder zur Beachtung von Schrift und Bekenntnis zurückgelenkt würde.

Lutherischer Konvent im Rheinland

Daß dein Zeugnis nicht unglaubwürdig wird

Stellungnahme des Lutherischen Konvents im Rheinland zum Beschluß 34 der Landessynode 2004 betr. Zulassung zum Heiligen Abendmahl

In Grundartikel I der Evangelischen Kirche im Rheinland erkennt die Ev. Kirche im Rheinland die "fortdauernde Geltung der reformatorischen Bekenntnisse" an. In der Confessio Augustana, in der Apologie der CA, in den Schmalkaldischen Artikeln und im Heidelberger Katechismus wird übereinstimmend festgestellt, daß die Kirche die Aufgabe hat, in besonderen Fällen einzelne zu exkommunizieren, das heißt, sie von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl auszuschließen. Im Beschluß 34 hat sich die rheinische Landessynode 2004 mit voller Absicht über diese Bestimmungen der Bekenntnisschriften hinweggesetzt. Sie hat sich die Stellungnahme des Theologischen Ausschusses "Darf die Kirche vom Mahl des Herrn ausschließen?", in der ein Ausschluß vom Heiligen Abendmahl abgelehnt wird, zu eigen gemacht, und sie hat den Beschluß von 1996, durch den die Artikel 26-30 KO a.F. ersatzlos gestrichen worden sind, bekräftigt.

Der Lutherische Konvent im Rheinland protestiert mit Nachdruck dagegen, daß sich die Landessynode auf Grund einer fragwürdigen und theologisch fehlerhaften Ausarbeitung des Theologischen Ausschusses der Landessynode eigenmächtig über die reformatorischen Bekenntnisse hinweggesetzt hat. Der Beschluß 34 der Landessynode ist theologisch irrig und ist juristisch verfehlt.

Begründung

I Der Beschluß 34 irrt theologisch

Die öffentliche gottesdienstliche Feier des Heiligen Abendmahls steht unter der Aufgabe, die der Apostel Paulus in 1. Kor. 11, 26 formuliert: "Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt." Aus gegebenem Anlaß hat der Apostel die Korinther an diese Aufgabe der Sakramentsfeier erinnert. In Korinth hatte es nämlich Mißstände bei den Mahlfeiern gegeben. Und diese Mißstände waren geeignet, die Aufgabe, den Tod des Herrn zu verkündigen, zu behindern. Mit dem einleitenden "denn" in V. 26 stellt Paulus ausdrücklich einen Zusammenhang zwischen den Mißständen, die es in der Abendmahlspraxis in Korinth gegeben hatte, und dem Verkündigungsziel der Sakramentsfeier, nämlich den Tod des Herrn zu verkündigen, her.

Das Beispiel Korinths zeigt: Mißstände können den Verkündigungsauftrag beeinträchtigen. Mißstände sind deshalb abzustellen. Diesen Grundsatz hat jede christliche Gemeinde zu beachten. Sie muß Ordnung und äußere Gestaltung ihrer Abendmahlsfeier so regeln, daß sie dem Verkündigungsziel nicht widersprechen. Alles, was der Verkündigungsaufgabe der Abendmahlsfeier im Wege steht, alles, was die Glaubwürdigkeit der Sakramentsfeier beeinträchtigen kann, ist nach Möglichkeit zu unterlassen.

Diesem Grundsatz sind die Kirchen der Reformation gefolgt, als sie in ihren Bekenntnisschriften die Möglichkeit eines Ausschlusses vom Abendmahl gefordert haben. Daß diese Zielsetzung hinter den einschlägigen Texten der Bekenntnisschriften steht, ist daran erkenntlich, daß die Bekenntnisschriften keineswegs auf das persönliche Sündersein des Auszuschließenden abstellen, sondern auf das öffentliche Ärgernis. So spricht die Confessio Augustana (CA XXVIII) von Gottlosen, "deren Gottlosigkeit bekannt* ist" (impios, quorum nota est impietas), die Apologie der CA von denen, "die in öffentlichen* Lastern leben, Hurerei, Ehebruch etc." (Apologie CA XI), die Schmalkaldischen Artikel (9) erklären, daß man "offenkundige*, hartnäckige Sünder" (manifestos et obstinatos peccatores) nicht zum Sakrament kommen lassen solle, und der Heidelberger Katechismus (Frage 81f) fordert den Ausschluß derjenigen, "die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erzeigen*", weil sonst der "Bund Gottes geschmäht" werde.

*Hervorhebungen nicht im Text

In allen drei Fällen ist es den reformatorischen Kirchen nicht darum gegangen, Sünder vom Tisch des Herrn auszuschließen. Sie haben zwar gewußt, daß unbußfertige Sünder "schuldig werden an Leib und Blut des Herrn" (1.Kor. 11, 27). Sie haben aber ebenfalls gewußt, daß sich der Mensch selbst zu prüfen hat (1. Kor. 11, 28) und haben daher bei der Ordnung des Gottesdienstes auf den Zusammenhang von Beichte, Buße und Sakrament auf der Grundlage der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium Wert gelegt. Wenn sie dennoch darauf bestanden haben, daß offenkundige Sünder vom Tisch des Herrn auszuschließen sind, dann wollten sie durch eine solche Maßname Schaden von der Verkündigung abwenden. Deshalb stellen alle drei einschlägigen Bekenntnistexte auf das öffentliche Ärgernis ab. Es besteht ein öffentliches Ärgernis, wenn Menschen, deren Gottlosigkeit bekannt ist, am Heiligen Abendmahl teilnehmen. Dieses Ärgernis bringt die Gefahr mit sich, daß die Mahlfeier als ganze unglaubwürdig wird.

Genau diese Gefahr hatte der Apostel Paulus im Blick, als er davor gewarnt hat, daß "ein wenig Sauerteig" den ganzen Teig durchsäuern kann (1. Kor. 5, 6). Mit anderen Worten: Ein einziger offenkundig Gottloser, dessen Gottlosigkeit bekannt ist, kann die Glaubwürdigkeit der gesamten Abendmahlsfeier einer christlichen Gemeinde zerstören. Mit einer unglaubwürdigen Abendmahlsfeier jedoch kann die Gemeinde ihrem Auftrag, den Tod des Herrn zu verkündigen, nicht gerecht werden. Deshalb ist es nur konsequent, wenn der Apostel ausdrücklich die Exkommunikation des einzelnen Unzüchtigen verlangt: "Mit so einem sollt ihr auch nicht essen" (1. Kor. 5, 11).

Wenn eine Gemeinde im Fall eines öffentlichen Ärgernisses jemanden von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl ausschließen muß, dann ist das ein Akt der Selbstverteidigung. Die Gemeinde verteidigt auf diese Weise die Glaubwürdigkeit ihrer Sakramentsfeier und die Glaubwürdigkeit ihrer Verkündigung. Dazu ist sie nicht nur berechtigt, sondern dazu ist sie auch verpflichtet, weil sie sonst ihren Verkündigungsauftrag nicht erfüllen kann. Wenn z.B. jemand, der in öffentlichen Erklärungen die Grundlagen des christlichen Glaubens bestreitet, dennoch am Heiligen Abendmahl teilnimmt, wäre ein solcher Fall gegeben.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, daß die Argumentation des Papiers "Darf die Kirche vom Mahl des Herrn ausschließen" vollständig am Sachverhalt vorübergeht. Die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Abendmahlsfeier und ihrer Gefährdung hat sie überhaupt nicht im Blick. Deshalb kommt sie zu falschen Exegesen biblischer Texte und zieht daraus die falschen Konsequenzen. Dies läßt sich exemplarisch am Beispiel des Judas beim Abendmahl Christi zeigen, auf das das o.g. Papier ausdrücklich eingeht: Judas war kein Gottloser, dessen Gottlosigkeit öffentlich bekannt war. Nur der Herr selbst wußte um den beabsichtigten Verrat. Die Teilnahme des Judas am Mahl des Herrn war daher in gar keiner Weise mit einem öffentlichen Ärgernis verbunden. Es wäre nach den Bekenntnisschriften der Reformation nicht erlaubt gewesen, ihn von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl auszuschließen. Wenn das Papier "Darf die Kirche vom Mahl des Herrn ausschließen?" im Blick auf das Beispiel Judas formuliert: "Provokativer kann die Bedingungslosigkeit der Einladung zum Mahl des Herrn kaum ausgedrückt werden" (S. 6), dann beweist dieses Papier nichts anderes als eine völlige Fehlinterpretation der entsprechenden Passagen in den reformatorischen Bekenntnissen und der Abendmahlsberichte im Neuen Testament.

Angesichts der Tatsache, daß das Papier ?Darf die Kirche vom Mahl des Herrn ausschließen?? weithin einer falschen Interpretation der einschlägigen Texte des Neuen Testamentes folgt, ist es eigentlich nicht notwendig, sich mit der These des Papiers auseinanderzusetzen, daß die reformatorischen Bekenntnisschriften als ?'norma normata' durch die Gemeinde an der Heiligen Schrift als 'norma normans' stets neu zu prüfen? seien (S. 13). Dennoch soll daran erinnert werden, daß dieses Verständnis des Verhältnisses von Heiliger Schrift und Bekenntnisschriften irrig ist. In der Grundordnung der EKD, an die auch die EkiR gebunden ist, lesen wir: "Für das Verständnis der Heiligen Schrift wie auch der altkirchlichen Bekenntnisse sind in den lutherischen, reformierten und unierten Gliedkirchen und Gemeinden die für sie geltenden Bekenntnisse der Reformation maßgebend." Mit anderen Worten: Es ist nicht möglich, das eigene, möglicherweise irrige Verständnis bestimmter Texte der Heiligen Schrift als ?norma normans? gegen die reformatorischen Bekenntnisschriften auszuspielen, da diese Bekenntnisschriften die Heilige Schrift richtig und sachgerecht interpretieren. Selbstverständlich sind die Bekenntnisschriften ?normae normatae?, und selbstverständlich ist die Heilige Schrift ?norma normans?. Dies bedeutet jedoch lediglich, daß die Bekenntnisschriften die christliche Lehre nicht auf Grund von persönlichen Einsichten der Reformatoren verkündigen, sondern daß sie von der Heiligen Schrift normiert worden sind, und zwar sachgerecht und richtig normiert worden sind.

Wenn der Theologische Ausschuß der Landessynode der kleinen rheinischen Teilkirche innerhalb der weltweiten Gemeinschaft der reformatorischen Kirchen der Meinung ist, er könne auf Grund seiner subjektiven Exegesen die Heilige Schrift gegen die klaren Aussagen der reformatorischen Bekenntnisschriften ausspielen, so überschätzt er seine Bedeutung und hält sich selbst für klug (Römer 12, 16). Unter anderem am Beispiel des Judas läßt sich ablesen, daß in der Tat die Exegese des Papiers ?Darf die Kirche vom Mahl des Herrn ausschließen?? falsch ist und daß die Bekenntnisschriften die Heilige Schrift besser verstanden haben.

Es bleibt dabei: Jede(r) Diener(in) des Wortes Gottes ist gehalten, sich entsprechend seinem Ordinationsversprechen so zu verhalten, daß sein/ihr Zeugnis nicht unglaubwürdig wird. In noch viel größerem Maße gilt diese Verpflichtung für eine christliche Gemeinde als ganze. Wenn ein(e) einzelne(r) ordinierte(r) Diener(in) am Wort fehlt, ist der Schaden, so schwerwiegend er sein mag, begrenzt. Wenn sich jedoch eine Gemeinde als ganze so verhält, daß ihr Zeugnis unglaubwürdig wird, ist der Schaden für die Verkündigung des Evangeliums unvergleichlich viel größer. Dann hat nämlich nicht nur ein einzelner, sondern dann hat die Gemeinde als ganze die Vollmacht verloren, glaubwürdig den Tod des Herrn zu verkündigen. Der Beschluß der rheinischen Landessynode steht daher nicht nur in klarem Widerspruch zu den Bekenntnissen der Reformation und zum Zeugnis der Heiligen Schrift, sondern er fügt darüber hinaus der Verkündigung des Evangeliums schweren Schaden zu.

II Zur rechtlichen Bewertung

Die rechtliche Bewertung des Beschlusses 34 der Landessynode 2004 muß zunächst danach fragen, welche Rechtslage vor diesem Beschluß gegeben war. In einem zweiten Schrift ist dann zu untersuchen, ob sich durch den Beschluß an der Rechtslage etwas verändert hat.

Zum ersten

Da Landessynode hat im Jahre 1996 die Artikel 26-30 KO a.F. ersatzlos gestrichen. Da unsere Kirche jedoch nach wie vor die ?fortdauernde Geltung der reformatorischen Bekenntnisschriften? anerkennt (Grundartikel I), wäre es ein Mißverständnis, wenn man annehmen würde, daß durch die Streichung der Kirchenordnungsartikel im Jahre 1996 die Möglichkeit abgeschafft worden wäre, daß eine Gemeinde einen einzelnen von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl ausschließt. Die fortdauernd geltenden reformatorischen Bekenntnisschriften sind unmittelbar rechtswirksam und bleiben es. Durch die Streichung der entsprechenden Artikel der Kirchenordnung hat die Landessynode also nicht die Möglichkeit des Ausschlusses vom Heiligen Abendmahl abgeschafft, sondern sie hat lediglich darauf verzichtet, das Verfahren, das zum Ausschluß führt, in der Kirchenordnung rechtlich zu ordnen. Solche Verfahrensregelungen fallen daher seit 1996 in die Kompetenzen der Presbyterien.

Zum zweiten

Der Beschluß 34 der Landessynode 2004 hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Das ist schon daran erkenntlich, daß die Landessynode in diesem Beschluß gar keine legislativen Rechtssetzungen vorgenommen hat. Der Beschluß 34 ist nach seinem Wortlaut lediglich eine theologische Meinungsäußerung der aktuellen landessynodalen Mehrheit, mit der sich diese Mehrheit die theologische Mehrheitsmeinung des Theologischen Ausschusses zu eigen gemacht hat. Daß eine Meinungsäußerung einer Synodalmehrheit, die sich gegen die klaren Aussagen der reformatorischen Bekenntnisschriften wendet und die zudem keine legislativen Rechtssetzungen vornimmt, keinerlei rechtliche Verbindlichkeit hat, ist offenkundig. Verbindliche Rechtssetzungen durch die Landessynode bedürfen der Gesetzesform. Die Rechtslage bleibt nach dem Beschluß dieselbe wie vor ihm. Nach wie vor ist es die Pflicht der einzelnen Presbyterien, über Abendmahlsfeiern zu wachen und dann, wenn die Glaubwürdigkeit dieser Feiern bedroht ist, Konsequenzen zu ziehen. Daß dies im äußersten Fall auch den Ausschluß einzelner vom Heiligen Abendmahl bedeuten kann, lehren die Bekenntnisschriften und nicht zuletzt das Beispiel von 1. Kor 5.

Adenau, 28. Juni 2004

Der Vorstand des Lutherischen Konvents im Rheinland




[Seitenanfang] [Startseite]